Metadaten

Engisch, Karl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 5. Abhandlung): Logische Studien zur Gesetzesanwendung: vorgelegt am 14.11.1942 — Heidelberg, 1943

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42030#0009
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Logische Studien zur Gesetzesanwendung

9

Schlußweise einen neuen selbständigen modus entdecken wollen
(der Mittelbegriff als terminus singularis), und Scholz selbst gibt
ihm mit den Logistikern recht: „Solche Schlüsse sind den Aristo-
telischen gegenüber in der Tat autonom; sie verlangen ein ganz
neues und gar nicht einfaches logisches Rüstzeug für ihren Beweis“.
Um uns nicht zu sehr auf Seitenwege zu verlieren, lassen wir diese
Art Schlüsse im Folgenden unberücksichtigt. Wir lassen also im
Folgenden als prämissa major nur den generellen Sollenssatz gelten.
Kehren wir zu unserem Ausgangsbeispiel zurück, so ist evident,
daß es ohne Sinnänderung noch in einer anderen geläufigen Gestalt
erscheinen kann, nämlich:
Wenn jemand als Mörder einen Menschen tötet, so soll er . . .
bestraft werden
M hat als Mörder einen Menschen getötet
M soll .... bestraft werden
Hier haben wir einen sog. „gemischt-hypothetischen Schluß“
und zwar in Gestalt des „modus ponens“ vor uns. Stammler hat
in seiner Theorie der Rechtswissenschaft, 1911 (S. 656ff.) sich
gerade an diese Schlußform gehalten und (S. 655) die Logiker ge-
tadelt, daß sie an den hypothetischen Urteilen, wie sie das Recht
und seine Sätze lieferten, fast ohne Berücksichtigung vorbeigingen,
ein Tadel, der aber zu seiner Zeit beispielsweise nicht Sigwart
treffen konnte, der (Logik I, 4. Aufl., 1911) seine Lehre vom Schluß
im Wesentlichen auf dem hypothetischen Schluß aufbaut und die-
sen wiederum speziell für die Gesetzesanwendung gelten läßt(S.453).
Sigwart1 bemerkt auch, daß der modus ponens unter solchen Um-
ständen nicht in seiner einfachsten und reinsten Gestalt auftritt
(nämlich in der Form: Wenn M einen Menschen als Mörder ge-
tötet hat, so soll er . . . bestraft werden; M hat als Mörder einen
Menschen getötet; also soll er . . . bestraft werden), sondern ver-
bunden mit einer „Einsetzung eines bestimmten Subjekts für den
unbestimmten Träger des Prädikats“ (Einsetzung von M für „je-
mand“), einer sog. Proslepsis. Doch ändert dies so wenig wie an-
dere Komplikationen2 etwas an der Struktur des Schlusses als
eines modus ponens.
1 A. a. O. § 50 Zr. 4, S. 446. Vgl. auch Mall y bei HöFLERa . a. O., S. 663ff.
2 Z. B. infolge von Explikationen innerhalb des Obersatzes.
Beispiel: A) Wenn jemand einen Menschen als Mörder tötet, so soll er . . . be-
straft werden.
(Fortsetzung Anmerkungen nächste Seite)
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften