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Engisch, Karl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 5. Abhandlung): Logische Studien zur Gesetzesanwendung: vorgelegt am 14.11.1942 — Heidelberg, 1943

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https://doi.org/10.11588/diglit.42030#0015
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Logische Studien zur Gesetzesanwendung

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den Obersatz ist wesentlich, was auf den konkreten Fall Bezug hat,
am konkreten Fall ist wesentlich, was auf den Obersatz Bezug hat1.
Sieht man aber näher zu, so handelt es sich nur um eine ständige
Wechselwirkung, ein Hin- und Herwandern des Blickes zwischen
Obersatz und Lebenssachverhalt, nicht dagegen um einen fehler-
haften Zirkel2.
Wir sehen also, daß die Entwicklung des Obersatzes sowohl
eine intensive wie eine extensive Seite hat. Einerseits gilt es, den
Obersatz durch Auslegung usw. zu entfalten, andererseits gilt es,
den Obersatz durch Zusammenfügung von zerstreuten Gesetzes-
partikeln, Berücksichtigung von Ausnahmevorschriften und dergl.
mehr in die Breite zu entwickeln3.
Schenken wir unsere Aufmerksamkeit noch einen Augenblick
jener intensiven Entfaltung. Wir haben schon oben betont, daß
wir die spezifisch methodologische Seite der Gesetzesanwendung,
also die Verfahren der Auslegung, Analogie usw. hier nicht behan-
deln wollen. Wir wollen aber doch wenigstens am Beispiel der Aus-
legung zeigen, wie sich diese Verfahren in ganz bestimmte logische
Formen kleiden, wenn es sich um die Fixierung der Ergebnisse im
Obersatz handelt4. Es handele sich etwa um die Auslegung des Be-
1 Es „scheint ein Widerspruch darin zu liegen, daß dieselben Normen,
die nach erfolgter Tatbestandsfeststellung aufzusuchen und auf ihre Anwend-
barkeit für den gegebenen Fall zu prüfen sind, dennoch zugleich maßgebend
sein sollen für die erst vorzunehmende Feststellung des Tatbestandes“ (Bier-
liisg, a.a.0., S. 46). „Beim Aufsuchen der relevanten Tatsachen ist stets die
rechtliche Schablone zielweisend und umgekehrt ergibt nur das Tatsächliche,
an welchen Rechtssatz zu denken ist“ (Beling, ZgesStrW. 37, S. 365). Vgl.
auch Hellwig, GerS. 82, S. 421/22 und Huber, Recht und Rechtsverwirk-
lichung, S. 390f.
2 S. dazu Bierling, a.a.O., S. 46f. u. ö.
3 Bei der Benutzung von Legaldefinitionen verknüpfen sich diese beiden
Funktionen aufs engste. Die Legaldefinition des Mörders in § 211 Abs. 2 StGB,
ergibt Auslegungsmaterial für die Entwicklung des Mörderbegriffs, indem sie
formal-extensiv die Bestimmung des § 211 Abs. 1 ergänzt, der sie gleichsam
in Klammern einzufügen ist. Ebenso sind die oben im Beispiel des Textes in
den Obersatz aufgenommenen Begriffe der „Zurechnungsfähigkeit“, der „Not-
wehr“, des „Notstandes“, des „Vorsatzes“ näher zu entwickeln an Hand der
dort angezogenen gesetzlichen Bestimmungen, die man sich wieder in Klam-
mern den betreffenden Begriffen selbst beigegeben zu denken hat.
4 Wir besprechen hier also nicht die logische Form der Auslegung selbst,
sondern die logische Form der Einstellung der Auslegungsergebnisse in den
Obersatz, der zur Begründung des konkreten juristischen Sollensurteils dienen
soll. Die Auslegung selbst vollzieht sich in Urteilen wie: „Mordlust bedeutet
 
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