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Engisch, Karl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 5. Abhandlung): Logische Studien zur Gesetzesanwendung: vorgelegt am 14.11.1942 — Heidelberg, 1943

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42030#0017
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Logische Studien zur Gesetzesanwendung

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Gesetz angewandten Ausdrucks deklariert wird, der Untersatz,
und eine auf einen vorliegenden Einzelfall direkt anwendbare Norm
der Schlußsatz“. Überweg sieht diesen Schluß als modus barbara
an, er kann aber auch als reiner hypothetischer Schluß gefaßt wer-
den, also etwa (wenn wir die obige Schlußkette der Einfachheit
halber verkürzen) folgendermaßen:
Wenn jemand e. M. vorsätzl. mit gemeingefährlichen Mitteln
tötet, so ... .
Wenn jemand mit Bombenwurf e. M. vorsätzl. tötet, so tötet
er e. M. vorsätzl. mit gemeingefährlichen Mitteln
Wenn jemand mit Bombenwurf e. M. vorsätzl. tötet, so . . .
Wir dürfen hier gleich ein Weiteres feststellen: Auf die eine
oder die andere Weise werden ersichtlich vermittels der Gesetzes-
auslegung speziellere Fallgruppen dem gesetzlichen Tatbestand
untergeordnet. Diese Unterordnung wollen wir zwecks Unterschei-
dung von der Subsumtion eines konkreten Einzelfalles unter das
Gesetz als „Subordination“ bezeichnen und können also nun sagen:
Bei der Auslegung der Gesetze werden bestimmte Fallgruppen
dem gesetzlichen Obersatz subordiniert und auf diese Weise spe-
ziellere Sollensurteile gewonnen im Wege eines Schluß Verfahrens,
bei dem die praemissa major das unmittelbare (bzw. das unmittel-
barere) dem Gesetz entnommene generelle Sollensurteil, die prae-
missa minor die Subordination speziellerer Fallgruppen unter die
„Tatbestandsmerkmale des Obersatzes“ und die conclusio das spe-
ziellere zur Anwendung auf den konkreten Fall reifere (noch nicht
aber das letztlich gesuchte konkrete) Sollensurteil ist.
Was hier für den „Tatbestand“ des Obersatzes gezeigt wurde,
gilt übrigens entsprechend auch für die „Rechtsfolge“ des Ober-
satzes, wo diese näherer Erläuterung bedürftig ist (Todesstrafe
durch Enthauptung oder durch Erhängen oder durch Erschießen ?).
Auch hier vollzieht sich die Einfügung der genauer erläuterten
Rechtsfolge in den Obersatz in der Form eines deduktiven Schlus-
ses, also z. B. so:
Der Mörder soll mit dem Tode bestraft werden
Wer mit dem Tode bestraft werden soll, soll auf die und die
Weise enthauptet werden
Der Mörder soll auf die und die Weise enthauptet werden.
Wieder haben wir einen m. barbara, der ohne weiteres in einen
reinen hypothetischen Schluß umgewandelt werden kann. Da wir
2 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1941/42. 5. Abh.
 
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