Logische Studien zur Gesetzesanwendung
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Obersatz (Rechtsnorm), der in Verbindung mit dem Untersatz (Sach-
verhalt) einen Schlußsatz (das Urteilsgebot) ergibt“ (Gesetzesauslegung
und lnteressenjurisprudenz, 1914, S. 89). So ferner Stein, Das private
Wissen des Richters, S. 12 („Der Ausspruch des Richters ist stets ein
Schluß aus einem Untersatz, der immer ein Tatsachenurteil ist, und
einem Obersatz . . .“), Bierling, Jur. Prinz.-Lehre IV, S. 7f. (,,. . . die
tatsächliche Situation, in der wir uns befinden, oder, richtiger gesagt,
die Anschauung, die wir von dieser Situation haben, den LTntersatz dar-
stellt“; richtiger dagegen S. 343), Binder, Rechtsbegriff und Rechts-
idee, 1915, S. 260ff. (s. insbes. S. 264, Anm. 15: „Im Untersatz erscheint
der konkrete Tatbestand in seiner faktischen Nacktheit, aufgelöst in
seine einzelnen tatsächlichen Momente“), Somlo, Jur. Grundlehre, 1917,
S. 395, Manigk, Reichsgerichtsfestgabe VI, 1929, S. 126/27 („Jede
Rechtswirkung beruht auf einem Syllogismus. Die eine Prämisse (der
Obersatz) wird durch die Rechtsnorm gebildet, die andere (der Unter-
satz) durch den Tatbestand; der Schluß ist die Rechtswirkung“), Sauer,
Jur. Methodenlehre, 1940, S.ll („Die dogmatischen Arbeitsweisen suchen
einen LTntersatz unter einen Obersatz, einen Fall unter die Norm einzu-
ordnen“; s. auch S. 560). S. auch Sommer, Das Reale und der Gegen-
stand der Rechtswissenschaft, 1929, S. 120ff. In den zitierten Wen-
dungen tritt die Meinung zutage, als ob der Untersatz nur die Feststel-
lung des konkreten Lebenssachverhalts enthalte, während doch in Wahr-
heit bereits sehr viel mehr in ihm steckt, nämlich die Unterordnung jenes
Sachverhalts unter die begrifflichen Merkmale des gesetzlichen Tat-
bestands, des terminus medius, der einerseits Prädikat des Untersatzes,
andererseits (bei hypothetischer Fassung) Prädikat des Vordersatzes des
Obersatzes bzw. (bei kategorischer Fassung) Subjekt des Obersatzes ist1.
Über den Boden dieser irrigen Vorstellung hat sich auch noch nicht
genügend erhoben folgende eigentümliche Auffassung und Problem-
stellung Stammlers in seiner Theorie der Rechtswissenschaft, 1911,
S. 663 ff.: „In dem Urteile, als das sich der juristische Untersatz dar-
stellt, ist nun das Subjekt diejenige Besonderheit, um deren Bestimmung
im Wege der Schlußfolgerung es sich gerade handelt. Das Prädikat da-
gegen muß mit den Voraussetzungen des Obersatzes zusammenstimmen.
Das Schema lautet also: wenn V, so F; A ist ein V; für A gilt F. Es ver-
bleiben hiernach zwei Zweifelsfragen. Einmal: In welcher Art wird be-
wiesen, daß A unter V fällt? Zum andern: Wie kann die Gleichheit
von V in den Voraussetzungen des Obersatzes und in dem Prädikate
des Untersatzes dargetan werden ?“ (S. 664). „Das juristische Schließen
besteht in der auswählenden Prüfung, ob der höhere Begriff, unter den •
der in Frage stehende Fall im Untersatz gebracht worden ist, mit den
Voraussetzungen eines Obersatzes sich decke“ (S. 666). Es ist eine „merk-
würdige Erscheinung, daß das Aufsteigen von dem Einzelfalle zu höheren
Rechtsbegriffen gar oft mit den Voraussetzungen eines juristischen Ober-
1 Die zugleich Tatsachen feststellende und Tatsachen bewertende Funk-
tion des Untersatzes betont Mannheim, Beitr. zur Lehre von der Revision
1925, S. 38ff.
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Obersatz (Rechtsnorm), der in Verbindung mit dem Untersatz (Sach-
verhalt) einen Schlußsatz (das Urteilsgebot) ergibt“ (Gesetzesauslegung
und lnteressenjurisprudenz, 1914, S. 89). So ferner Stein, Das private
Wissen des Richters, S. 12 („Der Ausspruch des Richters ist stets ein
Schluß aus einem Untersatz, der immer ein Tatsachenurteil ist, und
einem Obersatz . . .“), Bierling, Jur. Prinz.-Lehre IV, S. 7f. (,,. . . die
tatsächliche Situation, in der wir uns befinden, oder, richtiger gesagt,
die Anschauung, die wir von dieser Situation haben, den LTntersatz dar-
stellt“; richtiger dagegen S. 343), Binder, Rechtsbegriff und Rechts-
idee, 1915, S. 260ff. (s. insbes. S. 264, Anm. 15: „Im Untersatz erscheint
der konkrete Tatbestand in seiner faktischen Nacktheit, aufgelöst in
seine einzelnen tatsächlichen Momente“), Somlo, Jur. Grundlehre, 1917,
S. 395, Manigk, Reichsgerichtsfestgabe VI, 1929, S. 126/27 („Jede
Rechtswirkung beruht auf einem Syllogismus. Die eine Prämisse (der
Obersatz) wird durch die Rechtsnorm gebildet, die andere (der Unter-
satz) durch den Tatbestand; der Schluß ist die Rechtswirkung“), Sauer,
Jur. Methodenlehre, 1940, S.ll („Die dogmatischen Arbeitsweisen suchen
einen LTntersatz unter einen Obersatz, einen Fall unter die Norm einzu-
ordnen“; s. auch S. 560). S. auch Sommer, Das Reale und der Gegen-
stand der Rechtswissenschaft, 1929, S. 120ff. In den zitierten Wen-
dungen tritt die Meinung zutage, als ob der Untersatz nur die Feststel-
lung des konkreten Lebenssachverhalts enthalte, während doch in Wahr-
heit bereits sehr viel mehr in ihm steckt, nämlich die Unterordnung jenes
Sachverhalts unter die begrifflichen Merkmale des gesetzlichen Tat-
bestands, des terminus medius, der einerseits Prädikat des Untersatzes,
andererseits (bei hypothetischer Fassung) Prädikat des Vordersatzes des
Obersatzes bzw. (bei kategorischer Fassung) Subjekt des Obersatzes ist1.
Über den Boden dieser irrigen Vorstellung hat sich auch noch nicht
genügend erhoben folgende eigentümliche Auffassung und Problem-
stellung Stammlers in seiner Theorie der Rechtswissenschaft, 1911,
S. 663 ff.: „In dem Urteile, als das sich der juristische Untersatz dar-
stellt, ist nun das Subjekt diejenige Besonderheit, um deren Bestimmung
im Wege der Schlußfolgerung es sich gerade handelt. Das Prädikat da-
gegen muß mit den Voraussetzungen des Obersatzes zusammenstimmen.
Das Schema lautet also: wenn V, so F; A ist ein V; für A gilt F. Es ver-
bleiben hiernach zwei Zweifelsfragen. Einmal: In welcher Art wird be-
wiesen, daß A unter V fällt? Zum andern: Wie kann die Gleichheit
von V in den Voraussetzungen des Obersatzes und in dem Prädikate
des Untersatzes dargetan werden ?“ (S. 664). „Das juristische Schließen
besteht in der auswählenden Prüfung, ob der höhere Begriff, unter den •
der in Frage stehende Fall im Untersatz gebracht worden ist, mit den
Voraussetzungen eines Obersatzes sich decke“ (S. 666). Es ist eine „merk-
würdige Erscheinung, daß das Aufsteigen von dem Einzelfalle zu höheren
Rechtsbegriffen gar oft mit den Voraussetzungen eines juristischen Ober-
1 Die zugleich Tatsachen feststellende und Tatsachen bewertende Funk-
tion des Untersatzes betont Mannheim, Beitr. zur Lehre von der Revision
1925, S. 38ff.