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Engisch, Karl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 5. Abhandlung): Logische Studien zur Gesetzesanwendung: vorgelegt am 14.11.1942 — Heidelberg, 1943

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https://doi.org/10.11588/diglit.42030#0031
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Logische Studien zur Gesetzesanwendung

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doch nicht nur in ihrem Aggregatzustand verschieden sind, sondern
auch im Leben ganz verschiedenen Zwecken dienen, unterschied-
lichen Wert besitzen, ja ganz verschiedenen Wertbereichen angehö-
ren (Brillanten haben ästhetischen, Weine vital-genießerischen, Koh-
len und Gas Gebrauchswert): nur ,,in bestimmter Hinsicht“, näm-
lich in Hinsicht darauf, daß sie allesamt der „Eigentum“ genannten
Rechtsmacht unterworfen sein können und daß sie dem Rechtsin-
haber unter Verletzung des immer gleichen Interesses am ungestör-
ten Gebrauch und Genuß des Objekts entzogen werden können,
gleichen sich jene verschiedenartigen Gegenstände, und dies auch
nur „bis zu einem gewissen Grade“, da ja die Rechtsmacht und ihr
Schutz gegen Verletzung nicht bei allen Objekten gleich stark sind
(man denke nur daran, daß Wein, Kohlen und Gas zum Unterschied
von Juwelen als „Gegenstände des hauswirtschaftlichen Ver-
brauchs“ zum Objekt der geringer strafbaren „Verbrauchsmittel-
entwendung“ werden können). Wir behandeln aber das Problem
an dieser Stelle nur mit Bezug auf die Subsumtion und können uns
hier auch beschränken auf die Frage der Gleichheit „in bestimmten
Beziehungen“, da wir als Juristen bei der bloß graduellen „Ähnlich-
keit“ nur vor der Wahl stehen, sie entweder zur Gleichheit oder zur
Verschiedenheit zu schlagen; daß unser Urteil hierbei häufig unsi-
cher ist, ist bekannt und unvermeidlich1. Nehmen wir also den Fall
der Subsumtion eines konkreten Einzelgeschehens unter einen ge-
setzlichen Tatbestand, wobei die Gleichartigkeit mit den kraft Aus-
legung dem Gesetz unterstellten Fällen nur in einzelnen Beziehun-
gen obwaltet. Immer wieder konnte man betonen, daß es darauf an-
komme, daß der zu subsumierende Fall „in den wesentlichen Be-
ziehungen“ dem Gesetz d. h. genauer den vom Gesetz gemeinten
Fällen kongruent sei. So sagt Stammler: „Es sollen aus dem
Rechtsfalle die nebensächlichen Besonderheiten weggelassen, die
1 Zur Unsicherheit mancher Gleichheitsurteile s. auch v. Kries, Logik,
1916, S. 475 und Höfler, a.a.O., S. 524ff. Ob übrigens die festgestellte
„Gleichheit“ dann nur bedeutet, daß eine Verschiedenheit oder eine nennens-
werte Verschiedenheit in der fraglichen Richtung nicht behauptet werden
kann, ob also der Begriff der Gleichheit als Negation der Verschiedenheit und
somit als logisches posterius dem letzteren Begriffe gegenüber aufzufassen ist
(was v. Kries S. 30/31 anzunehmen scheint), oder ob die Gleichheit ein minde-
stens ebenso ursprünglicher Begriff ist wie die Verschiedenheit (vgl. Höfler
S. 258/59; Ziehen, Logik, 1920, S. 642/43), brauchen wir hier nicht zu unter-
suchen. Ich persönlich möchte es mit Ziehen halten, der Gleichheit und Ver-
schiedenheit als gleich ursprüngliche Begriffe ansieht.
 
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