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Engisch, Karl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 5. Abhandlung): Logische Studien zur Gesetzesanwendung: vorgelegt am 14.11.1942 — Heidelberg, 1943

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https://doi.org/10.11588/diglit.42030#0052
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52

Karl Engisch:

Erdinnerste, elektromagnetische Wellen jenseits bestimmter Wel-
lenlängen, das „Unbewußte“) oder wenigstens die Gewißheit zu ha-
ben, es je zu Gesicht zu bekommen (den unbekannten Mörder eines
Erschlagenen, einen zweifellos vorhandenen aber noch nicht ent-
deckten Krankheitserreger). Umgekehrt kann die zweite Gruppe
geltend machen, daß die Unabhängigkeit vom menschlichen Be-
wußtsein nicht für psychische Realitäten passen will, daß sie ande-
rerseits aber auch idealen, also gerade nicht wirklichen Gegenstän-
den zukomme, z. B. den mathematischen Gebilden1, daß der Unter-
schied zwischen idealen und wirklichen Gegenständen eben darin
liege, auf welche Weise uns die so oder so unabhängigen Gegen-
stände gegeben seien, ob bloß in der Vorstellung und „in Gedanken“
oder sinnlich bemerkbar bzw. psychisch erlebt. Geraten wir nicht
in einen unvermeidlichen Zirkel, wenn wir die Wirklichkeit als Ein-
geordnetsein in den naturgesetzlichen Zusammenhang, den natur-
gesetzliclien Zusammenhang aber zum Unterschied von anderen ge-
setzlichen Zusammenhängen als einen solchen innerhalb der Natur-
wirklichkeit bestimmen ? Brauchen wir nicht irgendeinen Anhalts-
punkt im unmittelbar Gegebenen, der uns das Ansichvorhanden-
sein eines Objekts (im weitesten Sinne) im Raum, in der Zeit, im
Wirkungszusammenhang usw. verbürgt ? Können wir uns ja Gege-
benheiten im Raum, in der Zeit usw. an einer bestimmten Stelle vor-
stellen, auch ohne daß sie wirklich sind (in diesem Sinne bedeutet
„Konkretheit“ noch nicht Wirklichkeit; vgl. Linke, S. 126, 127).
„Einem etwaigen Etwas Sein2 zuzuschreiben, das nicht nur tatsäch-
lich, sondern grundsätzlich nicht nur unserer, sonden jeder mögli-
chen oder vermittelten Wahrnehmung entzogen wäre und bliebe,
wäre ein Ungedanke, ein inhaltsleerer, ja dem Sinne, den wir mit
Sein verbinden, widersprechender Begriff.... Eine Welt, die weder
für sich noch für irgend jemand je wahrnehmbar oder aus Wahrneh-
mungen erschließbar wäre, zu der kein wahrnehmungsfähiges We-
sen hinzugedacht werden könnte, für dessen Konstitution sie sich
unter entsprechenden Bedingungen bemerkbar machte, fiele über-
haupt nicht unter den Begriff dessen, was wir unter seiend verstehen
. . . (Wenzl). Wir halten diesen Gedankengang für schlagend
1 Vgl. Bauch, a.a.O., S. 11, 94ff. Linke, S. 124ff. betont, daß sogar
jeder „intentionale Gegenstand“ in dem Sinne „unabhängig vom Bewußtsein“
sei, daß er dem erfassenden Akt abgesondert gegenüberstehe.
2 Unter „Sein“ dürfte hier dasselbe verstanden sein wie sonst unter
„Wirklichkeit“.
 
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