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Karl Engisch:
sehr viele verschiedene äquivalente Tatsachen der Wirklichkeit die
Ursache gebildet haben können, in denen allen dieser Grund der ge-
gebenen Wirkungen vorhanden war“, aber auch „jeder progressive
Schluß, der aus beobachteten Umständen oder Ereignissen eine zu-
künftige oder eine gleichzeitige, der Beobachtung sich entziehende
Tatsache folgern möchte, wird ungewiß, weil jede Bedingung im
wirklichen Weltlauf eine hemmende Gegenbedingung finden kann,
die zwar niemals die Folge derselben annulliert, aber sie doch hin-
dert, die Gestalt derjenigen Tatsache anzunehmen, als welche sie
ohne jenes Hindernis auftreten würde“1. Es können im Beispiels-
falle die Blutspuren wirklich die Folgen einer Selbstverletzung beim
Basieren sein und nicht die Folgen der Bluttat. Und es kann der
Drang nach Geld, der sich nach der Person des Beschuldigten zu
schließen den Weg zu einem schweren Verbrechen gebahnt haben
könnte, doch durch die Furcht vor Strafe gehemmt und daher auf
andere Weise (durch ein Darlehen bei einem Wucherer oder durch
ein minder schweres Delikt wie einen Diebstahl) befriedigt worden
sein. Bildet also auch ein Schluß von der Wirkung auf die Ursache
oder umgekehrt von der Ursache auf die Wirkung das Bückgrat der
meisten Indizienbeweise, so müssen doch offenbar besondere Um-
stände vorliegen, wenn ein solcher Schluß wirklich beweiskräftig
sein soll. Was für Umstände ? Bedenken wir, daß der Kausalschluß
nach dem eben Gesagten deshalb unzulänglich ist, weil eine Wir-
kung mancherlei verschiedene Ursachen haben2 oder umgekehrt
eine Tendenz auf eine Wirkung sich auf mancherlei verschiedene
Weise ausleben kann, so kommt es augenscheinlich vor allem darauf
an, den rechtserheblichen Sachverhalt (z. B. eine Straftat) als die
schließlich doch allein mögliche Ursache bzw. Wirkung zu erweisen,
also andere Ursachen oder Wirkungen als unmöglich oder höchst
unwahrscheinlich auszuschließen. Hier wären ohne Anspruch auf
Vollständigkeit folgende Gesichtspunkte namhaft zu machen3:
1 Lotze, Logik, Buch II, Kap. 9, § 278. Vgl. ferner Sigwart, Logik, II,
S. 616 f.
2 Hier könnte man allerdings einwenden, daß eine ganz konkrete Wir-
kung in ihrer individuellen Eigenart stets auch auf eine ganz konkrete indivi-
duelle Ursache zurückzuführen ist. Vgl. hierzu Engisch, Die Kausalität als
Merkmal der tatsächlichen Tatbestände, 1931, S. 9ff. Aber jedenfalls ist uns
häufig die Wirkung jetzt nicht mehr in ihrer vollen Konkretion gegeben, so
daß es also bei der Vieldeutigkeit des Schlusses auf ihre Ursache sein Bewen-
den hat. Über seltene Fälle des Schlusses auf ganz bestimmte Ursachen siehe
gleich im Text.
3 Siehe zum folgenden besonders: Lotze, a.a.O., §§ 279, 280; Sigwart,
Karl Engisch:
sehr viele verschiedene äquivalente Tatsachen der Wirklichkeit die
Ursache gebildet haben können, in denen allen dieser Grund der ge-
gebenen Wirkungen vorhanden war“, aber auch „jeder progressive
Schluß, der aus beobachteten Umständen oder Ereignissen eine zu-
künftige oder eine gleichzeitige, der Beobachtung sich entziehende
Tatsache folgern möchte, wird ungewiß, weil jede Bedingung im
wirklichen Weltlauf eine hemmende Gegenbedingung finden kann,
die zwar niemals die Folge derselben annulliert, aber sie doch hin-
dert, die Gestalt derjenigen Tatsache anzunehmen, als welche sie
ohne jenes Hindernis auftreten würde“1. Es können im Beispiels-
falle die Blutspuren wirklich die Folgen einer Selbstverletzung beim
Basieren sein und nicht die Folgen der Bluttat. Und es kann der
Drang nach Geld, der sich nach der Person des Beschuldigten zu
schließen den Weg zu einem schweren Verbrechen gebahnt haben
könnte, doch durch die Furcht vor Strafe gehemmt und daher auf
andere Weise (durch ein Darlehen bei einem Wucherer oder durch
ein minder schweres Delikt wie einen Diebstahl) befriedigt worden
sein. Bildet also auch ein Schluß von der Wirkung auf die Ursache
oder umgekehrt von der Ursache auf die Wirkung das Bückgrat der
meisten Indizienbeweise, so müssen doch offenbar besondere Um-
stände vorliegen, wenn ein solcher Schluß wirklich beweiskräftig
sein soll. Was für Umstände ? Bedenken wir, daß der Kausalschluß
nach dem eben Gesagten deshalb unzulänglich ist, weil eine Wir-
kung mancherlei verschiedene Ursachen haben2 oder umgekehrt
eine Tendenz auf eine Wirkung sich auf mancherlei verschiedene
Weise ausleben kann, so kommt es augenscheinlich vor allem darauf
an, den rechtserheblichen Sachverhalt (z. B. eine Straftat) als die
schließlich doch allein mögliche Ursache bzw. Wirkung zu erweisen,
also andere Ursachen oder Wirkungen als unmöglich oder höchst
unwahrscheinlich auszuschließen. Hier wären ohne Anspruch auf
Vollständigkeit folgende Gesichtspunkte namhaft zu machen3:
1 Lotze, Logik, Buch II, Kap. 9, § 278. Vgl. ferner Sigwart, Logik, II,
S. 616 f.
2 Hier könnte man allerdings einwenden, daß eine ganz konkrete Wir-
kung in ihrer individuellen Eigenart stets auch auf eine ganz konkrete indivi-
duelle Ursache zurückzuführen ist. Vgl. hierzu Engisch, Die Kausalität als
Merkmal der tatsächlichen Tatbestände, 1931, S. 9ff. Aber jedenfalls ist uns
häufig die Wirkung jetzt nicht mehr in ihrer vollen Konkretion gegeben, so
daß es also bei der Vieldeutigkeit des Schlusses auf ihre Ursache sein Bewen-
den hat. Über seltene Fälle des Schlusses auf ganz bestimmte Ursachen siehe
gleich im Text.
3 Siehe zum folgenden besonders: Lotze, a.a.O., §§ 279, 280; Sigwart,