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Köhler, Walther; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1942/43, 4. Abhandlung): Der verborgene Gott — Heidelberg, 1946

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https://doi.org/10.11588/diglit.42034#0029
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Der verborgene Gott

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pherie. Er würde nie von einer docta ignorantia sprechen können,
sein wissendes Nichtwissen ist ein ganz anderes, denn die ignorantia
ist in der fides grundsätzlich überwunden. „Laß Dir an meiner
Gnade genügen“. Der Glaubende, die praktische Vernunft, hat das
rechte Auge bekommen für Gottes Sein und Wirken. Darum lassen
ihn die tremenda, der deus inscrutabilis und incomprehensibilis un-
angefochten. Gewiß, Gott bleibt verborgen, er wäre sonst nicht
Gott, die Sache, occamistisch gesprochen, bleibt auch in Christus
hinter dem Zeichen verborgen, aber dieses Zeichen steht nicht wie
eine hemmende Wand zwischen Sache und Erkenntnis, sondern ist
— paradox — Sache in Verborgenheit.
Unschwer erkennt man Theologie und Philosophie, Mythos und
Logos in ihrem Unterschied in Luther und Cusanus. Dieser steht
still vor dem deus absconditus, jener dringt in ihn ein. Überwindet
ihn aber trotz allem nicht. So bleiben beide in einem Kreisen um
den unbekannten Gott. Es ist der ewige Kreislauf der Menschheit
in Religion und Philosophie. Denn das Letzte, die Unverborgenheit
Gottes, die a-letheia bleibt verborgen. Deus ipse deus absconditus.
Oder-mit Luther zu reden: Deus est, qui absconditus est. Hoc est
eius proprium.1
1 Nach Abschluß dieser Untersuchung erschien der Vortrag von H. Born-
kamm: Der verborgene und der offenbare Gott (Theol. Rundschau 16, 1944).
Auch hier wird die Spannung und Einheit in Luthers Gottesanschauung
herausgearbeitet, aber der Frage nach den Ursprüngen nicht nachgegangen.
 
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