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Hölscher, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1944/48, 3. Abhandlung): Drei Erdkarten: ein Beitrag zur Erdkenntnis des hebräischen Altertums — Heidelberg, 1949

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https://doi.org/10.11588/diglit.42185#0033
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Erdkarten

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Die älteste Erdkarte, die man bisher kennt, ist eine auf einer
Tontafel eingezeichnete neubabylonische Karte, nach dem Urteil
Bruno Meissners Kopie eines älteren Originals, welches nicht älter
als das 9. Jahrhundert ist1. Diese babylonische Karte ist also weit
älter, als die Karte Anaximanders, der unter den Griechen um 550
zuerst eine Erdkarte entwarf und mit dem Eratosthenes darum
die wissenschaftliche Geographie beginnen läßt. Auf der babyloni-
schen Karte ist die Erde als kreisrunde Fläche dargestellt. In der
Mitte fließt, als ein breites Band, breiter als ein Sechstel des Durch-
messers der ganzen Erdfläche gezeichnet, 'vom „Gebirge“ (sadü) im
Norden her der Euphrat und ergießt sich in die „Sümpfe“, die als
ein unteres Querband gezeichnet sind, d. li. in das südbabylonische
Schwemmland. Städte und Länder sind zumeist durch einen Kreis
angedeutet, in deren Mitte der Name steht. Ein Querband oberhalb
der Kreismitte mit der Inschrift „tintirki“, dem sumerischen Ideo-
gramm für Babylon, deutet die Lage der auf beiden Seiten des Eu-
phrats liegenden Stadt Babylon an. In einem Kreis rechts davon
ist der Name Assür zu lesen. Das so umschriebene Gebiet erscheint
als das Festland der Erde; es ist kreisförmig umschlossen von dem
„Ringfluß“ (näru marratu), d. h. dem Ozean, an dessen Außenseite
noch acht „Inseln“ gezeichnet sind. Ihre Entfernung voneinander
ist durch Doppelstunden angegeben; bei der nördlichsten von ihnen
ist vermerkt, das dort „die Sonne nicht zu sehen ist“. In ihrer Pri-
mitivität erinnert die Karte, worauf Meissner aufmerksam macht,
an mittelalterliche arabische Karten des Istachri2.
Die babylonische Karte lehrt, daß Karten ihrer Art im Orient
verbreitet gewesen sind. Man darf annehmen, daß auch die hebräi-
schen Gelehrten solche Karten besaßen oder wenigstens kannten.
Leider ist uns keine hebräische Erdkarte erhalten. Wir sind, um das
Erdbild der Israeliten zu rekonstruieren, ähnlich wie bei der Re-
konstruktion der ionischen Karten, auf die Angaben der Literatur
angewiesen. Die in Abb. 1, 2 und 3 gegebenen Kartenskizzen machen
also nicht den Anspruch geographischer Genauigkeit, sondern wol-
len nur einer leichteren Verdeutlichung der Ausführungen dienen.
1 Abgebildet bei Bruno Meissner, Babylonien und Assyrien, II, 1925,
S. 378 und Babylonische und griechische Landkarten (Klio XIX 1, 1923, S.
97—100); Alfred Jeremias, Handbuch der altorientalischen Geisteskultur2
1929, S. 148, 150.
2 August Müller, Der Islam I, 1885, S. 576 (in: W. Oncken, Allgemei-
ne Geschichte in Einzeldarstellungen).
 
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