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Hölscher, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1944/48, 3. Abhandlung): Drei Erdkarten: ein Beitrag zur Erdkenntnis des hebräischen Altertums — Heidelberg, 1949

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https://doi.org/10.11588/diglit.42185#0064
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Gustav Hölscher

mythischen Ursprungs. Nach einer Vermutung älterer Ägyptologen,
denen sich Ed. Meyer und Hugo Berger angeschlossen haben,
soll das Rote Meer seinen Namen von dem ,,roten Lande“ erhalten
haben1, worunter die Ägypter im Gegensatz zum „schwarzen Lan-
de“, d. h. dem Ackerlande Ägyptens, die Wüste verstanden. In den
ägyptischen Texten findet sich der Name „Rotes Meer“ als Bezeich-
nung des Arabischen Meerbusens nicht. Diese Meinung ist heute von
den Ägyptologen aufgegeben2. Ihre Unhaltbarkeit ergibt sich auch
aus der Bedeutungsgeschichte des Namens. Dieser begegnet zuerst
bei den Griechen. Nach Pindar (Pyth. IV 25f. 208f. 251) fahren die
Argonauten von Kolchis aus auf dem Okeanos und durch den πόντος
ερυθρός; um die lange und gefährliche Fahrt über die Säulen des
Herakles zu vermeiden, tragen sie ihr Schiff zwölf Tage lang über
Land (durch Libyen) in den Tritonsee und gelangen von ihm aus
ins Mittelmeer3. Aeschylus erwähnt die έρυθρά θάλασσα und den
am Okeanos gelegenen See der Äthiopen, in dem Helios die ermü-
deten Rosse erquickt4. Das „Rote Meer“ ist hier eine Größe der
mythischen Welt, fern am östlichen Rande der Erde gelegen. Ru-
dolf Meissner5 hat die Vorstellung des rauöahaf, des vom Sonnen-
1 G. Ebers, Durch Gosen zum Sinai, S. 518; Brugsch, Die Geographie
des alten Ägyptens II, 17 und Geschichte Ägyptens, S. 14, 486, 716 u. ö.; Wie-
demann, Ilerodots 2. Buch, S. 71 und Das alte Ägypten, 1920, S. 14; Ed.
Meyer, Geschichte des Altertums I, § 43, S. 50; H. Berger, a.a.O., S. 59.
2 Zuletzt hat Spiegelberg (Ägypt. Zeitschrift 66, 37—39) die ägypti-
schen Bezeichnungen für das Rote Meer gesammelt; der Name „Rotes Meer“
findet sich nicht darunter.
3 Pindar, Pyth. IV, 251: Κλέψεν τε Μήδειαν σύν αύτα τάν Πελίαο φόνον'
έν τ’ Ώκεανω πελάγεσσι μίγεν πόντω τ’ έρυθρω Λαμνιδίν τ’ εθνει γυναικών άνδροφόνων.
Mit dem bei den Alten öfters genannten Fluß und See Τρίτων (Τριτωνίς,
Τριτωνΐτις) sind die drei großen Salzseen, Sott Melghir, Sott Gharsa und Sott.
el-Dscherld, gemeint; bei Ptolemäus IV, 3, 6 heißen sie: ή Τριτωνΐτις λίμνη,
ή Παλλάς λίμνη und ή Λιβύη λίμνη. Durch sie fließt der vom Ούσάλαιτον ορος
(heute Dschebel Usselet, westlich von Susa) kommende Τρίτων ποταμός, der
sich zwischen Μακομάδα ιιηάΤακάπη (Ptolem. IV, 3, 3) in den innersten Winkel
der Kleinen Syrte ergießt.
4 Aeschyl. fragm. Prom. sol. bei Strabo I, 33: φοινικόπεδόν τ’ έρυθρας
ιερόν χεΰμα θαλάσσης χαλκοκέραυνόν τε παρ’ Ώκεανω λίμνην αγνών τρόφον Αίθιόπων,
ΐν ’ό παντόπτας "Ηλιος αίεΐ χρώτ’ άθάνατον κάματον θ’ 'ίππων θερμαΐς ΰδατος μαλακού
προχοαΐς αναπαύει. Strabo will mit der Stelle beweisen, daß die Äthiopen den
ganzen Süden bewohnen. Da sich Aeschylus, wo er die Wanderung der Io im
Prom. vinct. 807—809 beschreibt, den schwarzen Stamm (der Äthiopen), der
an den Quellen des Helios am ποταμός Αίθίοψ wohnt, im fernen Südosten denkt,
so wird er dort auch die ερυθρά θάλασσα gesucht haben.
5 Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur, 1936, S.
 
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