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Hölscher, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1944/48, 3. Abhandlung): Drei Erdkarten: ein Beitrag zur Erdkenntnis des hebräischen Altertums — Heidelberg, 1949

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https://doi.org/10.11588/diglit.42185#0066
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66

Gustav Hölscher

wir gleich sehen werden, auch östlichere Gegenden, wie Farnäk in
der Landschaft Margiane1. An eine Verbindung des Kaspischen Mee-
res mit dem äußeren Meere aber scheint er nicht mehr zu denken.
Die Gebiete der drei Söhne Noahs verteilt unser Geograph
ebenso wie Gen 10 derart, daß Jafet den Norden, Chäm den Süden,
Sem ,,die Mitte der Erde“ einnimmt. Letzteres entspricht der Vor-
stellung, daß der Berg Zion „der Mittelpunkt des Nabels der Erde“
ist (819)2. Das Gebiet Sems jedoch ist nicht als ein konzentrischer
Kreis oder als Ellipse auf dem Erdkreise gedacht, vielmehr reicht es
im Westen wie im Osten bis an die Grenze der Erde. Andererseits
denkt der Verfasser es sich auch nicht so, daß Jafet und Chäm je ein
Kreissegment im Norden und im Süden und Sem den zwischen ihnen
liegenden Kreisausschnitt bewohnen, sodaß die Grenzen von zwei
durch die äußersten Punkte der Morgen- und Abendweite bestimm-
ten parallelen Geraden gebildet würden. Für den Osten der Erd-
scheibe könnte diese Annahme möglicherweise der Vorstellung des
Verfassers entsprechen, wo Sems Gebiet „das ganze Land 'Eden“
umfaßt (821), während Tina (Tanais) und Gejön (Nil) als parallel ge-
dacht zu sein scheinen; der Garten 'Eden schiebt sich hier zwischen
die Tinäquelle am Räfägebirge und die Nilquelle im Süden des Gar-
tens 'Eden (823). Im Westen dagegen stoßen nicht nur die Gebiete
Jafets und Chams bei Gädir zusammen (823> 26 912), sondern auch
Sems Gebiet reicht hier bis zum „Munde des Großen Meeres“, d. h.
bis zu dessen Ausfluß in den Ozean an der Straße von Gibraltar. Ein
Schematismus ist also in der Kartenzeichnung nicht durchgeführt.
Charakteristisch für unsern Geographen ist, daß er durchweg
Flüsse und Meere als Grenzen zwischen den Gebieten Jafets, Sems
und Chams betrachtet. Auch das entspricht alter ionischer Anschau-
ung, nach welcher Tanais (Maeotis) und Nil die Grenzen zwischen
Europa, Asien und Libyen bilden3.
1 Vgl. S. 69 Anm. 8. 2 Vgl. S. 13 u. 57 Anm. 3.
3 Vgl. Berger, a. a.O., S. 91 f. Nachdem die ältere Vorstellung der Vul-
gärgeographie, die den Phasis zur Grenze zwischen Europa und Asien machte
(Aeschyl. fragm. Prom. sol. bei Arrian, peripl. Pont. Euxin. 19; vgl. auch
Herod. IV, 45) aufgegeben war, werden bei allen Geographen, welche die Tei-
lung der Oikumene durch Grenzflüsse festhalten, Maeotis und Tanais als die
Grenze zwischen Europa und Asien betrachtet. Vgl. schon Hippokrates (Ber-
ger 82f.) und Herodot (IV, 45), nach welchem einige Europa von Asien nicht
durch den Phasis, sondern durch den Kimmerischen Bosporus und den Tanais
trennen. Als Grenze Ägyptens gegen Libyen gilt bei den Ioniern der Nil, vgl.
Herod. IV, 15—17 (Berger 87f.).
 
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