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Panzer, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1949/50, 2. Abhandlung): Vom mittelalterlichen Zitieren — Heidelberg, 1950

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https://doi.org/10.11588/diglit.42217#0027
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Vom mittelalterlichen Zitieren

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herabzusteigen und den einem anderen, mit ihrer Zustimmung zu
Ernennenden zu überlassen. Diesem Schreiben ist, wie der Wort-
laut sagt, der Brief eingefügt, den der König in dieser Sache an den
Papst gerichtet und in dem er ihm befohlen habe, von seinem Stuhle
herabzusteigen.
Das wäre alles wohl verständlich. Das Merkwürdige aber ist,
daß der inserierte Brief wohl dem Sinne nach mit dem Schreiben
übereinstimmt, das an den Papst abging, aber in keiner Weise in
der Form. Er ist halb so lang wie das tatsächlich von Eleinrich an
den Papst gesandte Schreiben und weicht im einzelnen völlig von
ihm ab. Man hielt es darum für unmöglich, daß Eleinrich zwei der-
artig verschiedene Schreiben zur selben Zeit nach Born hätte
schicken können, wo es den Römern ja ein Leichtes gewesen wäre
festzustellen, daß, was ihnen als Eleinrichs Brief an Hildebrand mit-
geteilt wurde, nicht mit dem auf der Fastensynode überreichten
Schreiben übereinstimme. Man hat deshalb angenommen, daß das
Schreiben an die Römer von Heinrich erst gelegentlich seines Aufent-
haltes in Eftrecht zu Ostern 1076 abgesandt wäre, und die Constitu-
tiones der Monumenta haben es ohne Bedenken unter diesem Da-
tum eingereiht.
Nun hat aber K. Hampe in der Elistorischen Zs 138, 1925, 315ff.
auf Grund von sachlichen wie stilistischen Erwägungen den völlig
überzeugenden Beweis geführt, daß die Sache so gelegen haben muß,
wie sie von Bruno dargestellt wird: beide Schreiben müssen tat-
sächlich gleichzeitig gelegentlich des Wormser Nationalkonzils vom
Januar 1076 verfaßt und nach Rom abgesandt sein. Es handelt
sich also wirklich um zwei verschiedene Fassungen ein und des-
selben Schreibens, und die subtilen Untersuchungen von B. Schmeid-
LER (Kaiser Heinrich IV. und seine Helfer im Investiturstreit, 1927)
haben den Beweis erbracht, daß sowohl der Brief an den Papst als
das Insert in dem Brief an die Römer aus der Hand des „Mainzer
Diktators“ hervorgegangen ist, wie er den mit Namen nicht zu be-
nennenden, aber stilistisch sicher faßbaren Mann nannte, der seit
1073 und dauernd seit 1076 Hauptverfasser der Briefe und Akten,
seltener der Diplome der Kanzlei Heinrichs IV., dem Kaiser auch
persönlich nahe und vermutlich Verfasser der Vita Heinrici IV.
Imperatoris gewesen ist (vgl. Schmeidler, S. 150ff., 360ff. und
über unseren Fall im besonderen 297 ff.).
Der Rahmen des an die Römer gesandten Briefes war von einem
anderen Notar der königlichen Kanzlei, Gottschalk von Aachen,
 
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