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Campenhausen, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1951, 2. Abhandlung): Polykarp von Smyrna und die Pastoralbriefe — Heidelberg, 1951

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https://doi.org/10.11588/diglit.42220#0051
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Polykarp von Smyrna und die Pastoralbriefe

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sers, also Polykarps, nachweislich nicht entspricht; und auf der an-
deren Seite stehen drei, für uns namenlose Schriftstücke, die gei-
stig, theologisch, geographisch und chronologisch auf Polykarp und
nur auf Polykarp wirklich zu passen scheinen und überdies im gan-
zen und im einzelnen dem echten Polykarpbrief auch noch ähnlich
sehen — nur daß sie ihn eben geistig und literarisch überragen. Will
man die Briefe trotzdem nicht Polykarp zuschreiben, so kann man
diesen Polykarp also geradezu verdoppeln. So haben einst wohl
Gelehrte der alten Kirche den Johannes von Ephesos tatsächlich
verdoppelt, diese Verdoppelung mit theologischen und philologi-
schen Gründen gerechtfertigt und jedem der beiden sogar noch ein
eigenes Grab angewiesen218. Aber obschon sie mit ihren Gründen
an und für sich recht hatten, war die Verdoppelung selbst doch in
jedem Falle verkehrt. Wie viel geringer sind aber tatsächlich die
Unterschiede zwischen den Pastoralbriefen und dem Briefe Poly-
karps, wenn man sie mit den; Evangelium und der Apokalypse des
johanneischen Kreises vergleicht! Ist es da wirklich noch notwendig,
daß wir Polykarp, dem Verfasser des Philipperbriefes, der doch den
Pastoralbriefen unter allen Umständen sehr nahe steht, um eben die-
ser Briefe willen noch einen zweiten, ihm gleichzeitigen und fast in al-
len Stücken auch gleichenden Polykarp als Doppelgänger zur Seite
stellen ? Ich möchte die Frage nicht mit Sicherheit beantworten.
Aber einfacher wäre es gewiß, Polykarp selbst zum Verfasser zu
machen. Und vielleicht ist auch in diesem Falle die einfachste
Lösung wie so oft nicht bloß einfach, sondern auch richtig.

218 Dionys von Alexandrien nach Eus. H. E. VII 25 und ihm folgend auch
Eusebios selbst III 39, 6. Weil sich diese gelehrte Hypothese nicht halten konnte,
hat sich auch von dem zweiten Grab keine Spur erhalten; vgl. V. Schultze, Alt-
chnstl. Städte und Landschaften II: Kleinasien (1926) 104ff., der die zwei pvYjgaTac
im übrigen wie Th. Zahn und seltsamerweise auch B. Kötting, Peregrinatio reli-
giosa (1950) 173f. mit Unrecht auf Grab und Wohnhaus des Johannes deutet.
 
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