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Hans Frhr. v. Campenhausen
Die folgende Untersuchung ist in diesem Sinne historisch ge-
meint. Sie möchte die bisher geleistete quellenkritische Arbeit da-
her nicht in extenso wiederholen und hat nicht die Absicht, sich in
dem weiten Feld der fortwuchernden Traditionsgeschichte zu ver-
lieren.2 Sie möchte sich vielmehr kurz fassen und nur das Material
verwenden, das nach entsprechender kritischer Sichtung brauchbar
erscheint, um die äußeren Vorgänge nach Jesu Tode zu rekonstruie-
ren, bis hin zu den ersten Osterbegegnungen, die für das Entstehen
der Kirche schließlich entscheidend geworden sind. Ich hoffe zeigen
zu können, daß diese Rekonstruktion in den Hauptzügen durchaus
möglich ist, daß jedenfalls kein Anlaß besteht, von vornherein an
der historischen Erkennbarkeit des Wesentlichen zu verzweifeln.
Das so gewonnene Ergebnis kann dann, wie mir scheint, auch für
das theologische Verständnis der Auferstehungshotschaft nicht ein-
fach gleichgültig bleiben; aber diese Seite der Sache laß ich in der
Untersuchung selbst völlig beiseite.
I.
Die älteste und zuverlässigste Nachricht, die uns für die Oster-
erlebnisse der Jünger zur Verfügung steht, ist der paulinische Be-
richt im fünfzehnten Kapitel des Ersten Korintherbriefs2a. Das ist
allgemein zugestanden. Dieser Bericht ist der gegebene Ausgangs-
punkt für jede einschlägige Untersuchung. Der Bericht ist in dem,
was er historisch mitteilt, ebenso erfreulich exakt wie betrübend
knapp; es ist eigentlich nur eine Aufzählung der grundlegenden Er-
2 Ebenso ist es auch nicht erforderlich, die religionsgeschichtliche Frage nach
den parallelen oder andersartigen Auferstehungsmythen und -Vorstellungen der
Umwelt zu erörtern; vgl. hierzu als Übersicht etwa A. T. NlKOLA'iNEN, Der Auf-
erstehungsglauben in der Bibel und ihrer Umwelt I: Religionsgeschichtlicher Teil
(1944) und u. Anm. 10.
2a I. Kor. 15, 1—11. Ausgangspunkt der neueren Erforschung ist hier K.
Holls berühmter Sitzungsbericht über den „Kirchenbegriff des Paulus im Verhält-
nis zu dem der Urgemeinde“, Preuß. Akad. d. Wissenscli. 1921, S. 920ff. (= Ges.
Aufs. z. Kirchengesch. 2 [1928] 44ff.) und daran anschließend der von richtigen
und falschen Gedanken überquellende Vortrag Ad. V. IIarnacks, Die Verklärungs-
geschichte Jesu, der Bericht des Paulus (I. Kor. 15, 3ff.) und die beiden Christus-
visionen des Petrus, ebd. 1922 S. 62 ff. Die letzte ausführliche Untersuchung des
Paulustextes bietet E. Lichtenstein, Die älteste christliche Glaubensformel,
Zeitschr. f. Kirchengesch. 63 (1950) 1 Bf.; vgl. auch W.-G. KÜMMEL im Flaudb. z.
N.T. 9: An die Korinther I./II. von FI. Lietzmann, 4. Aufl. 1949, S. 191 if. und
J. Schniewind, Die Leugner der Auferstehung in Korinth, in: Nachgelassene Re-
den und Aufsätze (1952) 207ff.
Hans Frhr. v. Campenhausen
Die folgende Untersuchung ist in diesem Sinne historisch ge-
meint. Sie möchte die bisher geleistete quellenkritische Arbeit da-
her nicht in extenso wiederholen und hat nicht die Absicht, sich in
dem weiten Feld der fortwuchernden Traditionsgeschichte zu ver-
lieren.2 Sie möchte sich vielmehr kurz fassen und nur das Material
verwenden, das nach entsprechender kritischer Sichtung brauchbar
erscheint, um die äußeren Vorgänge nach Jesu Tode zu rekonstruie-
ren, bis hin zu den ersten Osterbegegnungen, die für das Entstehen
der Kirche schließlich entscheidend geworden sind. Ich hoffe zeigen
zu können, daß diese Rekonstruktion in den Hauptzügen durchaus
möglich ist, daß jedenfalls kein Anlaß besteht, von vornherein an
der historischen Erkennbarkeit des Wesentlichen zu verzweifeln.
Das so gewonnene Ergebnis kann dann, wie mir scheint, auch für
das theologische Verständnis der Auferstehungshotschaft nicht ein-
fach gleichgültig bleiben; aber diese Seite der Sache laß ich in der
Untersuchung selbst völlig beiseite.
I.
Die älteste und zuverlässigste Nachricht, die uns für die Oster-
erlebnisse der Jünger zur Verfügung steht, ist der paulinische Be-
richt im fünfzehnten Kapitel des Ersten Korintherbriefs2a. Das ist
allgemein zugestanden. Dieser Bericht ist der gegebene Ausgangs-
punkt für jede einschlägige Untersuchung. Der Bericht ist in dem,
was er historisch mitteilt, ebenso erfreulich exakt wie betrübend
knapp; es ist eigentlich nur eine Aufzählung der grundlegenden Er-
2 Ebenso ist es auch nicht erforderlich, die religionsgeschichtliche Frage nach
den parallelen oder andersartigen Auferstehungsmythen und -Vorstellungen der
Umwelt zu erörtern; vgl. hierzu als Übersicht etwa A. T. NlKOLA'iNEN, Der Auf-
erstehungsglauben in der Bibel und ihrer Umwelt I: Religionsgeschichtlicher Teil
(1944) und u. Anm. 10.
2a I. Kor. 15, 1—11. Ausgangspunkt der neueren Erforschung ist hier K.
Holls berühmter Sitzungsbericht über den „Kirchenbegriff des Paulus im Verhält-
nis zu dem der Urgemeinde“, Preuß. Akad. d. Wissenscli. 1921, S. 920ff. (= Ges.
Aufs. z. Kirchengesch. 2 [1928] 44ff.) und daran anschließend der von richtigen
und falschen Gedanken überquellende Vortrag Ad. V. IIarnacks, Die Verklärungs-
geschichte Jesu, der Bericht des Paulus (I. Kor. 15, 3ff.) und die beiden Christus-
visionen des Petrus, ebd. 1922 S. 62 ff. Die letzte ausführliche Untersuchung des
Paulustextes bietet E. Lichtenstein, Die älteste christliche Glaubensformel,
Zeitschr. f. Kirchengesch. 63 (1950) 1 Bf.; vgl. auch W.-G. KÜMMEL im Flaudb. z.
N.T. 9: An die Korinther I./II. von FI. Lietzmann, 4. Aufl. 1949, S. 191 if. und
J. Schniewind, Die Leugner der Auferstehung in Korinth, in: Nachgelassene Re-
den und Aufsätze (1952) 207ff.