Der Ablauf der Osterereignisse und das leere Grab
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scheinungen Christi3 — erst vor Petrus, dann vor den Zwölf, dann
vor fünfhundert christlichen Brüdern auf einmal; es folgt eine Er-
scheinung vor Jakohus (dem Herrnbruder), dann vor allen Aposteln
und schließlich, zuletzt noch eine Erscheinung vor Paulus seihst.
Diese Mitteilung entspricht allen Anforderungen historischer Zu-
verlässigkeit, die sich an einen derartigen Text nach Lage der Dinge
überhaupt stellen lassen. Der Erste Korintherbrief dürfte im Früh-
ling des Jahres 56 oder 57 nach Christus in Ephesos geschrieben
sein. Paulus sagt aber, daß er diese Daten selbst schon „empfan-
gen“ und seinerseits weiter „überliefert“ habe. Er hat sie als ein
„Hauptstück“ seiner Missionspredigt zugrunde gelegt, so daß sie
auch den Korinthern wohl bekannt sind. Sie werden an das früher
Gelehrte nur erinnert, und Paulus setzt eine entsprechende Kennt-
nis überall, wo Christus gepredigt wird, als selbstverständlich und
gegeben voraus. Es handelt sich hierbei nicht nur um eine alte,
sondern auch um eine alt geformte, zur Formel geprägte und da-
durch konservierte Überlieferung4. Man wird also annehmen dür-
fen, daß er seihst sie schon zu Beginn seiner apostolischen Tätigkeit
„übernommen“ hat — sei es in Damaskus, sei es etwas später in
Antiochien oder Jerusalem, wo die Formel wahrscheinlich entstan-
den ist. Zwischen ihrer Prägung und den durch sie überlieferten
Ereignissen kann danach kaum mehr als ein Jahrzehnt verflossen
sein. Nun ist es allerdings umstritten, wieweit der eigentliche Text
dieser alten, ursprünglich aramäisch konzipierten Formel unmittel-
bar reicht. Die Bekehrung des Paulus kann keinesfalls mehr dazu
gehört haben, und schon hei der Erwähnung der fünfhundert Brü-
der schiebt Paulus von sich aus eine Bemerkung ein, die ebenfalls
nicht zum alten Texte gehört. Wahrscheinlich bricht dieser schon
hinter der Erwähnung der Zwölf ab. Aber es besteht trotzdem
kaum eine Veranlassung, die folgenden Daten für weniger zuver-
lässig oder gar für rein phantastisch und legendarisch zu halten.
3 Nach DobschÜtz S. 22 sagt „das Wort ώφ·9-η über die Art der Erscheinungen
nichts aus“ und darf nicht gepreßt werden. Der Nachdruck liege nicht auf dem Seh-
akt als solchem, sondern auf dem Offenbarungscharakter des Geschehens: W. Mi-
chaelis, Die Erscheinungen des Auferstandenen (1944) 103 ff.; Kittels Theol.
Wörterb. z. N.T. V, 6 (1950) 358ff. Dagegen findet K. H. Rengstorf, Die Aufer-
stehung Jesu — Form, Art und Sinn der urchristlichen Osterbotschaft (1952) 83ff.
im Blick auf den alttestamentlieh-jüdisclien Sprachgebrauch gerade den optischen
Sinn des Erscheinens betont. Vgl. noch H. Braun, Zur Terminologie der Acta
von der Auferstehung Jesu, Theol. Literaturz. 77 (1952) 533 f.
4 Joach. Jeremias, Die Abendmahlsworte Jesu (19492) 95f.; Rengstorf
S. 89 ff. („Traditionelle Elemente in I. Kor. 15“).
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scheinungen Christi3 — erst vor Petrus, dann vor den Zwölf, dann
vor fünfhundert christlichen Brüdern auf einmal; es folgt eine Er-
scheinung vor Jakohus (dem Herrnbruder), dann vor allen Aposteln
und schließlich, zuletzt noch eine Erscheinung vor Paulus seihst.
Diese Mitteilung entspricht allen Anforderungen historischer Zu-
verlässigkeit, die sich an einen derartigen Text nach Lage der Dinge
überhaupt stellen lassen. Der Erste Korintherbrief dürfte im Früh-
ling des Jahres 56 oder 57 nach Christus in Ephesos geschrieben
sein. Paulus sagt aber, daß er diese Daten selbst schon „empfan-
gen“ und seinerseits weiter „überliefert“ habe. Er hat sie als ein
„Hauptstück“ seiner Missionspredigt zugrunde gelegt, so daß sie
auch den Korinthern wohl bekannt sind. Sie werden an das früher
Gelehrte nur erinnert, und Paulus setzt eine entsprechende Kennt-
nis überall, wo Christus gepredigt wird, als selbstverständlich und
gegeben voraus. Es handelt sich hierbei nicht nur um eine alte,
sondern auch um eine alt geformte, zur Formel geprägte und da-
durch konservierte Überlieferung4. Man wird also annehmen dür-
fen, daß er seihst sie schon zu Beginn seiner apostolischen Tätigkeit
„übernommen“ hat — sei es in Damaskus, sei es etwas später in
Antiochien oder Jerusalem, wo die Formel wahrscheinlich entstan-
den ist. Zwischen ihrer Prägung und den durch sie überlieferten
Ereignissen kann danach kaum mehr als ein Jahrzehnt verflossen
sein. Nun ist es allerdings umstritten, wieweit der eigentliche Text
dieser alten, ursprünglich aramäisch konzipierten Formel unmittel-
bar reicht. Die Bekehrung des Paulus kann keinesfalls mehr dazu
gehört haben, und schon hei der Erwähnung der fünfhundert Brü-
der schiebt Paulus von sich aus eine Bemerkung ein, die ebenfalls
nicht zum alten Texte gehört. Wahrscheinlich bricht dieser schon
hinter der Erwähnung der Zwölf ab. Aber es besteht trotzdem
kaum eine Veranlassung, die folgenden Daten für weniger zuver-
lässig oder gar für rein phantastisch und legendarisch zu halten.
3 Nach DobschÜtz S. 22 sagt „das Wort ώφ·9-η über die Art der Erscheinungen
nichts aus“ und darf nicht gepreßt werden. Der Nachdruck liege nicht auf dem Seh-
akt als solchem, sondern auf dem Offenbarungscharakter des Geschehens: W. Mi-
chaelis, Die Erscheinungen des Auferstandenen (1944) 103 ff.; Kittels Theol.
Wörterb. z. N.T. V, 6 (1950) 358ff. Dagegen findet K. H. Rengstorf, Die Aufer-
stehung Jesu — Form, Art und Sinn der urchristlichen Osterbotschaft (1952) 83ff.
im Blick auf den alttestamentlieh-jüdisclien Sprachgebrauch gerade den optischen
Sinn des Erscheinens betont. Vgl. noch H. Braun, Zur Terminologie der Acta
von der Auferstehung Jesu, Theol. Literaturz. 77 (1952) 533 f.
4 Joach. Jeremias, Die Abendmahlsworte Jesu (19492) 95f.; Rengstorf
S. 89 ff. („Traditionelle Elemente in I. Kor. 15“).