Der Ablauf der Osterereignisse und das leere Grab
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und dann habe sich die Erscheinung wiederholt. Mit der dritten
Erscheinung ist die Entwicklung offensichtlich viel weiter fortge-
schritten40. Jetzt ist es bereits ein stattlicher Kreis, der sich um die
Jünger geschart hat; die „Kirche“ ist im Entstehen, und die Ge-
meindebildung im großen Stil hat in Galiläa begonnen.
Bei den zwei nächsten Angaben, die Paulus macht, tappen wir
fast völlig im Dunkeln. Über die Erscheinung vor Jakohus haben
wir nur einen späten, ganz unglaubwürdigen Bericht des Hebräer-
evangeliums41. Es ist möglich, aber nicht notwendig, daß sie für
Jakobus zugleich die Bedeutung einer Bekehrung gehabt hat42;
denn zu Lebzeiten seines Bruders scheint er ihm noch ferngestan-
den zu haben43. In diesem Fall müßte die Erscheinung wohl gleich-
falls nach Galiläa verlegt werden; denn was sollte Jakobus sonst in
Jerusalem? Jedenfalls wird die bedeutsame Rolle, die er von nun
an in der Urgemeinde spielt, mit dieser Christusbegegnung inner-
lich Zusammenhängen. Aber wir wissen nichts Näheres.
Für die Erscheinung vor „allen Aposteln“ fehlen uns überhaupt
weitere Quellen. Es wird sich hier um einen Berufungs- und Sen-
dungsakt gehandelt haben; denn die Apostel sind die frühesten
Missionare der Kirche. Es handelt sich um einen eigenen, nicht
ganz kleinen Kreis von Personen, zu dem jedenfalls Petrus und spä-
ter auch Paulus gehört haben44. Für Jakobus ist dies jedoch fraglich,
und insoweit bleiben auch alle Versuche, zwischen seiner Christus-
begegnung und der Erscheinung des Herrn vor „allen Aposteln“
einen bestimmten Zusammenhang zu finden, ungewiß. Es ist
denkbar, daß die Erscheinung vor den Aposteln schon nach Jerusa-
lem gehört. Es ist aber ebenfalls möglich, daß gerade sie den Füh-
rern der jungen Gemeinde zum Anlaß wurde, nach Jerusalem aufzu-
brechen und hier, im heiligen Zentrum Israels, den Kampf um das
Volk zu beginnen, zu dem sie berufen waren.
40 Es besteht keine Veranlassung, sie mit der Pfingstgescliichte von Act. 2 zu-
sammenzubringen: W.-G. KÜMMEL, Kirclienbegriff und Geschichtsbewußtsein in
der Urgemeinde und bei Jesus (1943) 8. Und selbst wenn diese spätere Legende
irgendeinen Nachhall des von Paulus berichteten Ereignisses enthalten sollte, läßt
sieb von ihr aus nicht mehr historisch zurückschließen.
41 Hieron. vir. ill. 2.
42 DobschÜtz, S. 24 f. Träfe diese Annahme zu, so ergäbe sich in der Reihen-
folge der Einzelerscheinungen eine hübsche, aber natürlich ganz ungewollte Kli-
max: vom Jünger Petrus über den neutralen Jakobus zum Verfolger Paulus.
43 Mk. 3, 21. 31 ff. par.; 6, 3 par.; vgl. Joh. 7, 6. 10.
44 H. v. Campenhausen, Der urchristliche Apostelbegriff, Stud. theol. 1 (1947)
96 ff., besonders S. 105 ff.
2 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1952. 4. Abh.
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und dann habe sich die Erscheinung wiederholt. Mit der dritten
Erscheinung ist die Entwicklung offensichtlich viel weiter fortge-
schritten40. Jetzt ist es bereits ein stattlicher Kreis, der sich um die
Jünger geschart hat; die „Kirche“ ist im Entstehen, und die Ge-
meindebildung im großen Stil hat in Galiläa begonnen.
Bei den zwei nächsten Angaben, die Paulus macht, tappen wir
fast völlig im Dunkeln. Über die Erscheinung vor Jakohus haben
wir nur einen späten, ganz unglaubwürdigen Bericht des Hebräer-
evangeliums41. Es ist möglich, aber nicht notwendig, daß sie für
Jakobus zugleich die Bedeutung einer Bekehrung gehabt hat42;
denn zu Lebzeiten seines Bruders scheint er ihm noch ferngestan-
den zu haben43. In diesem Fall müßte die Erscheinung wohl gleich-
falls nach Galiläa verlegt werden; denn was sollte Jakobus sonst in
Jerusalem? Jedenfalls wird die bedeutsame Rolle, die er von nun
an in der Urgemeinde spielt, mit dieser Christusbegegnung inner-
lich Zusammenhängen. Aber wir wissen nichts Näheres.
Für die Erscheinung vor „allen Aposteln“ fehlen uns überhaupt
weitere Quellen. Es wird sich hier um einen Berufungs- und Sen-
dungsakt gehandelt haben; denn die Apostel sind die frühesten
Missionare der Kirche. Es handelt sich um einen eigenen, nicht
ganz kleinen Kreis von Personen, zu dem jedenfalls Petrus und spä-
ter auch Paulus gehört haben44. Für Jakobus ist dies jedoch fraglich,
und insoweit bleiben auch alle Versuche, zwischen seiner Christus-
begegnung und der Erscheinung des Herrn vor „allen Aposteln“
einen bestimmten Zusammenhang zu finden, ungewiß. Es ist
denkbar, daß die Erscheinung vor den Aposteln schon nach Jerusa-
lem gehört. Es ist aber ebenfalls möglich, daß gerade sie den Füh-
rern der jungen Gemeinde zum Anlaß wurde, nach Jerusalem aufzu-
brechen und hier, im heiligen Zentrum Israels, den Kampf um das
Volk zu beginnen, zu dem sie berufen waren.
40 Es besteht keine Veranlassung, sie mit der Pfingstgescliichte von Act. 2 zu-
sammenzubringen: W.-G. KÜMMEL, Kirclienbegriff und Geschichtsbewußtsein in
der Urgemeinde und bei Jesus (1943) 8. Und selbst wenn diese spätere Legende
irgendeinen Nachhall des von Paulus berichteten Ereignisses enthalten sollte, läßt
sieb von ihr aus nicht mehr historisch zurückschließen.
41 Hieron. vir. ill. 2.
42 DobschÜtz, S. 24 f. Träfe diese Annahme zu, so ergäbe sich in der Reihen-
folge der Einzelerscheinungen eine hübsche, aber natürlich ganz ungewollte Kli-
max: vom Jünger Petrus über den neutralen Jakobus zum Verfolger Paulus.
43 Mk. 3, 21. 31 ff. par.; 6, 3 par.; vgl. Joh. 7, 6. 10.
44 H. v. Campenhausen, Der urchristliche Apostelbegriff, Stud. theol. 1 (1947)
96 ff., besonders S. 105 ff.
2 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1952. 4. Abh.