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Campenhausen, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1952, 4. Abhandlung): Der Ablauf der Osterereignisse und das leere Grab — Heidelberg, 1952

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https://doi.org/10.11588/diglit.42315#0021
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Der Ablauf der Osterereignisse und das leere Grab

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der jerusalemischen Aristokratie, der Jesus und seiner Bewegung
mit Sympathie gegenüherstand, aber noch nicht zu seinem eigent-
lichen Anhang gezählt wird57. Das ist alles.
Diese Darstellung ist durchaus vertrauenerweckend und glaub-
würdig. Für die Jünger war es nach der Wendung, die die Dinge
seit der Verhaftung Jesu genommen hatten, nicht mehr ratsam,
sich öffentlich zu zeigen und zu Jesus zu stellen. Man wird anneh-
men müssen, daß sie sich verborgen hielten58. So hatte die Ge-
meinde für alles Geschehene später kein anderes christliches Zeug-
nis erster Hand zur Verfügung als das Zeugnis der Frauen, die auch
bei der Grablegung zugegen waren59. Man versteht, daß sie unter
diesem Gesichtspunkt mit Nachdruck genannt und hervorgehoben
werden60. Natürlich kann man auch diese Angaben — eben um
ihrer absichtlichen Betonung willen — in Zweifel ziehen und dann
auch das, was über die Beisetzung Jesu erzählt wird, für unge-
schichtlich halten. Aber angesichts der Nennung Josephs besteht
dazu kein Recht61. An und für sich sind die Dinge so, wie sie er-
zählt werden, durchaus plausibel und fordern keinen Zweifel heraus.
Dies muß man sich klargemacht haben, wenn man die Erzählung
über den Ostermorgen beurteilen will, an dem diese Frauen noch
57 Mk. 15, 43. Schon Mt. 27, 57 (δς καί αύτδς έμα-Οητεύθη τω Ίησοΰ) sucht
seine Beziehung zu Jesus enger zu verstehen und Lk. 23, 50 f. beginnt bereits die
legendarische Ausspinnung: der fromme und gerechte Mann hatte in den Rat der
jüdischen Hierarchen nicht eingewilligt. Dagegen erscheint Act. 13, 23 die Grab-
legung noch als eine Handlung, die die Jesus feindlichen οί κατοικοΰντες Ιερου-
σαλήμ καί οί άρχοντες αύτών verübt haben. Hier fehlt noch jede Verklärung, wie
sie mit der wohlwollenden Zeichnung Josephs bei Markus schon ihren Anfang nimmt.
58 Zu dieser Frage s. u. S. 41 f.
59 Mk. 15, 47. Da sie in der Nähe des Kreuzes ausgeharrt haben, kann man sich
etwa denken, daß sie hier mit Joseph von Arimathia zusammengetroffen und ihm
dann zum Grabe gefolgt wären.
60 Auffallenderweise sind es Mk. 15, 40 und 16, 1 drei, 15, 47 aber nur zwei
Frauen. Doch kann man diese Differenz nicht ohne weiteres als Zeugnis histori-
scher Zuverlässigkeit in Anspruch nehmen. Es könnte sich auch um verschiedene
„Quellen“ handeln, die bei Markus gegeneinander nicht ausgeglichen sind; vgl.
Bultmann, Tradition S. 298. 308 und, noch weiter gehend, R. Thiel, Drei Mar-
kusevangelien (1938) 202ff.
61 Die Tradition über die Beisetzung selbst scheint in sich nicht ganz einheitlich
zu sein; aber für ganz frei erfunden darf man sie darum nicht halten; vgl. M. Go-
GUEL, La foi ä la resurrection de Jesus dans le Christianisme primitif (1933) 121 ff.;
La naissance du Christianisme (1946) 42ff.; E. Lohmeyer, Das Evangelium des
Markus (1937) 351 f. Weitere Literatur zur Bestattungsfrage bespricht H. Lietz-
MANN, Zeitschr. f. neutest. Wissensch. 37 (1938) 296f.
 
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