38
Hans Fuhr. v. Campenhausen
Hinweise auf einen späteren Ursprung, die man hat entdecken wollen,
sind unserer Meinung nach anders zu verstehen. Besonders auffallend
ist, wie schon früher gesagt wurde, das Fehlen von Christuserschei-
nungen am Grabe; solche werden vielmehr den Jüngern und Petrus
erst für Galiläa in Aussicht gestellt129. Auf diese Weise stimmen die
Angaben völlig mit dem alten paulinischen Katalog überein — es
läßt sich jedenfalls kein Widerspruch nachweisen; auch Paulus,
der die Entdeckung des Grabes nicht erwähnt, kann sie in dieser
Form wohl gekannt und überliefert haben130. Auch von hier aus
lassen sich also keine Einwendungen oder Bedenken ins Feld führen.
Jedenfalls läßt sich die Geschichte als ganze nicht einfach zu ei-
ner apologetischen Tendenzlegende erklären. Dann hätte sie nicht
ausgerechnet drei Frauen, die als solche nach jüdischem Recht gar
nicht zeugnisfähig sind, zu entscheidenden Zeugen gemacht. Schon
der Jude des Kelsos spottet über eine so schwache Stütze für ein,
wie er meint, fundamentales Datum des christlichen Auferstehungs-
glaubens131. Ist die Nachricht vom leeren Grab dagegen historisch,
so ist es in der Situation nach der Hinrichtung Jesu, wie wir schon
betont haben132, sehr wohl verständlich und zum mindesten in kei-
ner Weise unnatürlich, daß es zunächst nur ein paar Frauen seines
Anhangs gewesen sind, die sich bis zum Grabe vorwagten. Ebenso
läßt sich das Datum des „dritten Tages“ historisch nur von hier aus
erklären, nicht von den späteren Erscheinungen in Galiläa133. Noch
ein letztes Moment spricht, wie mir scheint, vor allem für die Glaub-
würdigkeit der Überlieferung. Der Name Josephs von Arimathia
und damit auch die Nachricht über eine Beisetzung Jesu müssen
histoi’isch sein134; sie lassen sich nicht einfach löschen. Gab es aber
in der ersten Gemeinde über die Bestattung Jesu irgendeine sach-
129 Mk. 16, 7; vgl. o. S. 22.
130 Vgl. o. S. 19. Die gegenteilige Behauptung begegnet häufig, ist aber voll-
kommen willkürlich; vgl. dagegen schon Fr. Loofs, Die Auferstehungsberichte und
ihr Wert (19083) 14ff.
ist Orig. Cels. II 55: τις τοϋτο είδεν; γυνή πάροιστρος, &ς φάτε, καί εί τις άλλος
των έκ τής αύτής γοητείας κτλ. (ähnlich Porphyrios bei Mac. Magnes II 14). Der
Singular γυνή zeigt, daß der „Jude“ sich hier am Johannes-Evangelium orien-
tiert, wo Maria Magdalena allein auftritt: Bauer, Leben Jesu S. 480 f.; Goguel,
Foi S. 195. Das Prädikat πάροιστρος stützt sich dann vielleicht auf Lk. 8, 2f. Bal-
densperger, Urcliristl. Apologie, S. 18 Anm. 20, möchte ohne einleuchtende
Gründe an eine andere alte Tradition denken, aus der Kelsos geschöpft habe.
132 Vgl. o. S. 21.
133 Vgl. 0. g. 11.
134 Vgl. o. S. 20 f.
Hans Fuhr. v. Campenhausen
Hinweise auf einen späteren Ursprung, die man hat entdecken wollen,
sind unserer Meinung nach anders zu verstehen. Besonders auffallend
ist, wie schon früher gesagt wurde, das Fehlen von Christuserschei-
nungen am Grabe; solche werden vielmehr den Jüngern und Petrus
erst für Galiläa in Aussicht gestellt129. Auf diese Weise stimmen die
Angaben völlig mit dem alten paulinischen Katalog überein — es
läßt sich jedenfalls kein Widerspruch nachweisen; auch Paulus,
der die Entdeckung des Grabes nicht erwähnt, kann sie in dieser
Form wohl gekannt und überliefert haben130. Auch von hier aus
lassen sich also keine Einwendungen oder Bedenken ins Feld führen.
Jedenfalls läßt sich die Geschichte als ganze nicht einfach zu ei-
ner apologetischen Tendenzlegende erklären. Dann hätte sie nicht
ausgerechnet drei Frauen, die als solche nach jüdischem Recht gar
nicht zeugnisfähig sind, zu entscheidenden Zeugen gemacht. Schon
der Jude des Kelsos spottet über eine so schwache Stütze für ein,
wie er meint, fundamentales Datum des christlichen Auferstehungs-
glaubens131. Ist die Nachricht vom leeren Grab dagegen historisch,
so ist es in der Situation nach der Hinrichtung Jesu, wie wir schon
betont haben132, sehr wohl verständlich und zum mindesten in kei-
ner Weise unnatürlich, daß es zunächst nur ein paar Frauen seines
Anhangs gewesen sind, die sich bis zum Grabe vorwagten. Ebenso
läßt sich das Datum des „dritten Tages“ historisch nur von hier aus
erklären, nicht von den späteren Erscheinungen in Galiläa133. Noch
ein letztes Moment spricht, wie mir scheint, vor allem für die Glaub-
würdigkeit der Überlieferung. Der Name Josephs von Arimathia
und damit auch die Nachricht über eine Beisetzung Jesu müssen
histoi’isch sein134; sie lassen sich nicht einfach löschen. Gab es aber
in der ersten Gemeinde über die Bestattung Jesu irgendeine sach-
129 Mk. 16, 7; vgl. o. S. 22.
130 Vgl. o. S. 19. Die gegenteilige Behauptung begegnet häufig, ist aber voll-
kommen willkürlich; vgl. dagegen schon Fr. Loofs, Die Auferstehungsberichte und
ihr Wert (19083) 14ff.
ist Orig. Cels. II 55: τις τοϋτο είδεν; γυνή πάροιστρος, &ς φάτε, καί εί τις άλλος
των έκ τής αύτής γοητείας κτλ. (ähnlich Porphyrios bei Mac. Magnes II 14). Der
Singular γυνή zeigt, daß der „Jude“ sich hier am Johannes-Evangelium orien-
tiert, wo Maria Magdalena allein auftritt: Bauer, Leben Jesu S. 480 f.; Goguel,
Foi S. 195. Das Prädikat πάροιστρος stützt sich dann vielleicht auf Lk. 8, 2f. Bal-
densperger, Urcliristl. Apologie, S. 18 Anm. 20, möchte ohne einleuchtende
Gründe an eine andere alte Tradition denken, aus der Kelsos geschöpft habe.
132 Vgl. o. S. 21.
133 Vgl. 0. g. 11.
134 Vgl. o. S. 20 f.