Der Ablauf der Osterereignisse und das leere Grab
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freien Kombinationen zu beginnen, die ohne entsprechende Deckung
durch die Quellen schließlich doch in der Luft hängen.
Dies gilt zunächst und vor allem für die Frage, wie wir uns die
Lage und Stimmung der Jünger nach der Verhaftung Jesu und sei-
ner Kreuzigung zu denken haben. Hier ist nun als erstes mit allem
Nachdruck dies festzuhalten, daß wir unmittelbare Zeugnisse über
ihre damalige Verfassung, kurz vor den entscheidenden Ereignissen,
überhaupt nicht besitzen und daß alles, was darüber gesagt wird,
mehr oder weniger auf Vermutung beruht. Aber nicht nur Lukas,
sondern auch Markus und überhaupt alle Evangelisten stimmen
darin überein, daß die Jünger zunächst in Jerusalem geblieben sind
und sich zur Zeit, als das leere Grab entdeckt wurde, noch in der
Stadt befanden. Es besteht nicht der geringste Grund, an der
Richtigkeit dieser Angabe zu zweifeln. Daß die Jünger nach der
nächtlichen Verhaftung Jesu vom Fleck weg geflohen oder auch
am Tage darauf, nach der überlieferten Chronologie also am
Rüsttag, oder gar am Sabbat selbst noch während der Festzeit
nach Galiläa zurückgekehrt sein sollten, ist so unwahrscheinlich
wie nur möglich. Auch Markus will natürlich nichts derartiges
behaupten, wenn er sagt, alle Jünger seien beim Tumult der
Verhaftung alsbald „geflohen“138, d. h. sie hätten Jesus im Stich
gelassen, und sich in Erfüllung der alten Weissagung wie hirten-
lose Schafe „zerstreut“139. Die entgegengesetzte Annahme einer
sofortigen „Flucht“ nach Galiläa ist nichts weiter als eine —
allerdings erstaunlich weit verbreitete — „Legende der Kritik“140,
die aus der gesamten Überlieferung auch nicht ein Wort für sich
anführen kann141. Ihr tritt allerdings eine weitere Legende der Apo-
138 Mk. 14, 50: και άφέντες αύτόν εφυγον πάντες. Es ist kein Widerspruch da-
zu, daß Petrus 14, 54 alsbald wieder auftaucht und „von ferne“ dem Herrn zu fol-
gen sucht. Auch der ungenannte Jüngling, der nach Mk. 14, 51 f. sein Gewand in den
Händen der Häscher zurückließ, wird nicht gerade „nackend“ nach Galiläa gelau-
fen sein.
139 Das wird bei Matthäus völlig klar, wenn er zur Ankündigung der „Zerstreu-
ung“ (Sach. 13, 7) bei Markus 14, 27, δτι πάντες σκανδαλισθήσεσθ-ε, seinerseits
26, 31 verdeutlichend ein έν τη νυκτί ταύτη hinzufügt. Aber auch Markus hat kei-
nen weiter reichenden Zeitraum für die „Zerstreuung“ ins Auge gefaßt.
140 So M. Albertz, Zur Formgeschichte der Auferstehungsberichte, Zeitschr.
f. neutest. Wissensch. 21 (1922) 269; vgl. J. Weiss, Der Erste Korintherbrief
(1910) 350 und schon Loofs S. 20ff.
141 Wenigstens kein Wort, das so genommen würde, wie es gegenwärtig vorliegt
und gemeint ist; vgl. u. Anm. 160 und den Nachtrag.
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freien Kombinationen zu beginnen, die ohne entsprechende Deckung
durch die Quellen schließlich doch in der Luft hängen.
Dies gilt zunächst und vor allem für die Frage, wie wir uns die
Lage und Stimmung der Jünger nach der Verhaftung Jesu und sei-
ner Kreuzigung zu denken haben. Hier ist nun als erstes mit allem
Nachdruck dies festzuhalten, daß wir unmittelbare Zeugnisse über
ihre damalige Verfassung, kurz vor den entscheidenden Ereignissen,
überhaupt nicht besitzen und daß alles, was darüber gesagt wird,
mehr oder weniger auf Vermutung beruht. Aber nicht nur Lukas,
sondern auch Markus und überhaupt alle Evangelisten stimmen
darin überein, daß die Jünger zunächst in Jerusalem geblieben sind
und sich zur Zeit, als das leere Grab entdeckt wurde, noch in der
Stadt befanden. Es besteht nicht der geringste Grund, an der
Richtigkeit dieser Angabe zu zweifeln. Daß die Jünger nach der
nächtlichen Verhaftung Jesu vom Fleck weg geflohen oder auch
am Tage darauf, nach der überlieferten Chronologie also am
Rüsttag, oder gar am Sabbat selbst noch während der Festzeit
nach Galiläa zurückgekehrt sein sollten, ist so unwahrscheinlich
wie nur möglich. Auch Markus will natürlich nichts derartiges
behaupten, wenn er sagt, alle Jünger seien beim Tumult der
Verhaftung alsbald „geflohen“138, d. h. sie hätten Jesus im Stich
gelassen, und sich in Erfüllung der alten Weissagung wie hirten-
lose Schafe „zerstreut“139. Die entgegengesetzte Annahme einer
sofortigen „Flucht“ nach Galiläa ist nichts weiter als eine —
allerdings erstaunlich weit verbreitete — „Legende der Kritik“140,
die aus der gesamten Überlieferung auch nicht ein Wort für sich
anführen kann141. Ihr tritt allerdings eine weitere Legende der Apo-
138 Mk. 14, 50: και άφέντες αύτόν εφυγον πάντες. Es ist kein Widerspruch da-
zu, daß Petrus 14, 54 alsbald wieder auftaucht und „von ferne“ dem Herrn zu fol-
gen sucht. Auch der ungenannte Jüngling, der nach Mk. 14, 51 f. sein Gewand in den
Händen der Häscher zurückließ, wird nicht gerade „nackend“ nach Galiläa gelau-
fen sein.
139 Das wird bei Matthäus völlig klar, wenn er zur Ankündigung der „Zerstreu-
ung“ (Sach. 13, 7) bei Markus 14, 27, δτι πάντες σκανδαλισθήσεσθ-ε, seinerseits
26, 31 verdeutlichend ein έν τη νυκτί ταύτη hinzufügt. Aber auch Markus hat kei-
nen weiter reichenden Zeitraum für die „Zerstreuung“ ins Auge gefaßt.
140 So M. Albertz, Zur Formgeschichte der Auferstehungsberichte, Zeitschr.
f. neutest. Wissensch. 21 (1922) 269; vgl. J. Weiss, Der Erste Korintherbrief
(1910) 350 und schon Loofs S. 20ff.
141 Wenigstens kein Wort, das so genommen würde, wie es gegenwärtig vorliegt
und gemeint ist; vgl. u. Anm. 160 und den Nachtrag.