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Pöschl, Viktor; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1956, 4. Abhandlung): Horaz und die Politik — Heidelberg, 1956

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https://doi.org/10.11588/diglit.42325#0019
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Horaz und die Politik

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deformis aegrimoniae dulcibus adloquiis.
Achill der Todgeweihte, der sich dennoch am Lied freut, das ist eines
der mythologischen Symbole, in denen sich erschließt, worum es hier dem
Dichter geht. Zugleich wird hier deutlich, welcher Segen von der Welt der
Dichtung ausgeht gegenüber aller Bedrängnis und Not, die von der politi-
schen Welt herkommt. Die Odendichtung des Horaz lebt von diesem
Gegensatz.
Sehr schön kommt das in der 4. Römerode zum Ausdruck, wo sich die
Begnadung des Dichters, der Segen und die Macht der Dichtung im ersten
Teil des Liedes immer herrlicher entfalteten, je stärker die Gegenmächte
werden, an denen sie sich bewährt: von den persönlichen Katastrophen
über die Gefahren der See und der Wüste anwachsend zu den Gefahren,
die von den Britannern drohen, die keine Gastfreundschaft kennen, den
wilden spanischen Concanern, die Pferdeblut trinken, den Gelonen und
Skythen. Die Idee von der Größe des Reiches, die in solchen Aufzählungen
wie denen der virgilischen Eklogen mitspielen mag, ist weniger entschei-
dend als das Furchtbare, das freilich gegen den Segen der Musen und das
„Heil“ ihres Schützlings nichts auszurichten vermag, und dieses Furcht-
bare drückt sich in den Namen der Völkerschaften aus, mit denen Rom im
Kriege steht oder stehen wird. Auch hier sind Zeiterfahrungen lebendig:
die Schicksale so vieler römischer Soldaten, die in diesen wilden Gegenden
kämpfen müssen, stehen hinter diesen Versen wie hinter den Worten des
heimatvertriebenen Meliboeus in der ersten Ekloge (1, 64):
at nos hinc alii sitientes ibimus Afros,
pars Scythiam et rapidum cretae veniemus Oaxen
et penitus toto divisos orbe Britannos.
Uralte Beteuerungsformeln mögen hier dichterisch umgestaltet sein56.
Bei Virgil und Horaz werden sie dazu verwendet, große Gefühle zu bezeu-
gen, so das Gefühl der Dankbarkeit (Ecl. 1, 61):
Ante pererratis amborum finibus exsul
aut Ararim Parthus bibet aut Germania Tigrim,
quam nostro illius labatur pectore voltus,
oder der Liebe (Ecl. 10, 64):
Non illum (sc. Amorem) nostri possunt mutare labores
nec si frigoribus mediis Hebrumque bibamus
Sithoniasque nives hiemis subeamus aquosae,
Nec si, cum moriens alta über aret in ulmo,
Aethiopum versemus oves sub sidere Cancri.

oder der Freundschaft (Horaz c. 2, 6):
 
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