Bearbeitungen und Interpolationen des Polykarp mar tyriums 13
ist nun M 6,2 zunächst die Erklärung eingeschoben, Polykarp hätte
gar nicht verborgen bleiben können, weil die Verräter „seine
eigenen Hausgenossen“ waren (Matth. 10,36). Dann springt sie un-
vermittelt zu der Feststellung über, daß auch der Eirenarch „den-
selben Namen Herodes“ trug26 und sich nun beeilte, Polykarp ins
Stadion bringen zu lassen, auf daß diesem in der Gemeinschaft mit
Christus das himmlische Erbteil, den Verrätern aber die Strafe des
Judas zuteil würde27. Nach diesem w'irren und unmotivierten Vor-
griff heißt es nun, die Verfolger seien, nachdem sie den Sklaven
ergriffen hatten, an einem Rüsttage um die Stunde des Abendmahls
beritten und mit den gewohnten Waffen angerückt, als hätten sie
einen Räuber fangen wollen (Matt. 26,47.55).
Offenbar hat der Interpolator sich mit aller Gewalt darum be-
müht, die Geschichte der Verhaftung Polykarps mit der Passions-
geschichte in Parallele zu setzen. Das paßt zu den Absichten des
Eingangs, und so sind wir wohl berechtigt, auch dieses Stück dem
gleichen Bearbeiter zuzuschreiben, obschon der charakteristische
Begriff eines dem „Evangelium“ gemäßen Martyriums hier nicht
eigens hervorgehoben wird.
5. An der nächsten Stelle M 19,1 liegen die Dinge ganz eindeutig.
Eusebios hat sein wörthches Exzerpt des Briefes mit dem Hinweis
auf die allgemeine Beachtung, die das Polykarpmartyrium selbst
bei Heiden gefunden hatte, zum Abschluß gebracht (HE IV 15,45).
Es ist unwahrscheinlich, daß er dabei mitten in einem Satz seiner
Vorlage abgebrochen und den Punkt gesetzt hätte. Dies aber ergibt
sich, wenn man seinen Text mit dem Pioniostexte vergleicht; denn
dieser fährt heute mit einer angehängten Partizipialkonstruktion
folgendermaßen fort: ον μόνον διδάσκαλος γενό μένος επίσημος, άλλα
και μάρτυς έξοχος, ού το μαρτύρων πάντες έπΐ'&νμοϋσιν μιμεισύλαι
κατά τό εναγγέλιον Χρίστον γενόμενον. Die Verbindung des charak-
teristischen Stichworts mit dem martyrologischen Muster- und
Nachahmungsgedanken springt sofort in die Augen: hier ist
immer die gleiche, uns schon bekannte Hand des „evange-
lischen“ Redaktors am Werke. Ihm dürfte wohl auch noch
der folgende, liturgisch klingende Satz M 19,2 mit seinem ab-
26 Bis dahin war von ihm noch gar nicht die Rede gewesen; im echten
Text erscheint er M 8,2 zum erstenmal.
27 Das ist eine allgemeine Redensart; von einer wirklichen Bestrafung
dieser Art ist im folgenden gar nichts berichtet.
ist nun M 6,2 zunächst die Erklärung eingeschoben, Polykarp hätte
gar nicht verborgen bleiben können, weil die Verräter „seine
eigenen Hausgenossen“ waren (Matth. 10,36). Dann springt sie un-
vermittelt zu der Feststellung über, daß auch der Eirenarch „den-
selben Namen Herodes“ trug26 und sich nun beeilte, Polykarp ins
Stadion bringen zu lassen, auf daß diesem in der Gemeinschaft mit
Christus das himmlische Erbteil, den Verrätern aber die Strafe des
Judas zuteil würde27. Nach diesem w'irren und unmotivierten Vor-
griff heißt es nun, die Verfolger seien, nachdem sie den Sklaven
ergriffen hatten, an einem Rüsttage um die Stunde des Abendmahls
beritten und mit den gewohnten Waffen angerückt, als hätten sie
einen Räuber fangen wollen (Matt. 26,47.55).
Offenbar hat der Interpolator sich mit aller Gewalt darum be-
müht, die Geschichte der Verhaftung Polykarps mit der Passions-
geschichte in Parallele zu setzen. Das paßt zu den Absichten des
Eingangs, und so sind wir wohl berechtigt, auch dieses Stück dem
gleichen Bearbeiter zuzuschreiben, obschon der charakteristische
Begriff eines dem „Evangelium“ gemäßen Martyriums hier nicht
eigens hervorgehoben wird.
5. An der nächsten Stelle M 19,1 liegen die Dinge ganz eindeutig.
Eusebios hat sein wörthches Exzerpt des Briefes mit dem Hinweis
auf die allgemeine Beachtung, die das Polykarpmartyrium selbst
bei Heiden gefunden hatte, zum Abschluß gebracht (HE IV 15,45).
Es ist unwahrscheinlich, daß er dabei mitten in einem Satz seiner
Vorlage abgebrochen und den Punkt gesetzt hätte. Dies aber ergibt
sich, wenn man seinen Text mit dem Pioniostexte vergleicht; denn
dieser fährt heute mit einer angehängten Partizipialkonstruktion
folgendermaßen fort: ον μόνον διδάσκαλος γενό μένος επίσημος, άλλα
και μάρτυς έξοχος, ού το μαρτύρων πάντες έπΐ'&νμοϋσιν μιμεισύλαι
κατά τό εναγγέλιον Χρίστον γενόμενον. Die Verbindung des charak-
teristischen Stichworts mit dem martyrologischen Muster- und
Nachahmungsgedanken springt sofort in die Augen: hier ist
immer die gleiche, uns schon bekannte Hand des „evange-
lischen“ Redaktors am Werke. Ihm dürfte wohl auch noch
der folgende, liturgisch klingende Satz M 19,2 mit seinem ab-
26 Bis dahin war von ihm noch gar nicht die Rede gewesen; im echten
Text erscheint er M 8,2 zum erstenmal.
27 Das ist eine allgemeine Redensart; von einer wirklichen Bestrafung
dieser Art ist im folgenden gar nichts berichtet.