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Campenhausen, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1957, 3. Abhandlung): Bearbeitungen und Interpolationen des Polykarpmartyriums — Heidelberg, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.42455#0032
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Hans Frhr. von Campenhausen

Verfolgung und mahnt bei den Zusammenkünften zur Vorsicht (ώς
δυνατόν), und der ersehnte Jahrestag des Martyriums, ,,der Geburts-
tag“ des Heiligen, steht zur Zeit, da die Philomelier auf ihre Anfrage
die Antwort bekommen (M 20,1), noch aus. Man kann über die
künftige Feier also nur Pläne und Hoffnungen mitteilen, nicht ihren
Vollzug. Aber ist eine solche Vorankündigung wirklich plausibel?
Das allgemeine (nicht martyrologische) Jahresgedächtnis für die
Toten ist bei Tertullian zuerst bezeugt. Es mag also auch zu Poly-
karps Zeiten schon üblich gewesen sein. Aber noch älter und gerade
für die kleinasiatische Kirche dieser Zeit überliefert ist die Toten-
gedächtnisfeier am dritten Tage76. Warum schweigt unser Text von
dieser Feier und beschränkt sich ganz auf die künftige „Geburtstags-
feier“ nach Jahresfrist? Mir scheint, hier spiegelt sich bereits die
feste kultische Übung der späteren Zeit wieder, das Märtyrer-
gedächtnis alljährlich an einem bestimmten, kalendarisch notierten
Tage beim Martyrion des Heiligen zu begehen77. Sehe ich recht, so
weisen auch die fest ausgebildeten Termini eines έπιτελε ΐν την τον
μαρτυρίου ημέραν γενέϋ'λίον in diese Richtung. Dazu paßt auch der
erbauliche Vor- und Rückblick auf die voraufgegangenen und
künftigen Glaubensstreiter {προηϋληκότες). Das Polykarpmartyrium
scheint diesen Gemeinplatz noch nicht zu kennen und sah im Mar-
tyrium des Bischofs M 1,1 vielmehr den Abschluß der Leidenszeit.
Nach alledem ist der Satz M 18,3 m. E. nicht zu halten. Über
den vorausgehenden Satz M 18,2 wage ich dagegen nicht, ein Urteil
abzugeben. An und für sich ist eine Mitteilung über die schließliche
Beisetzung der Überreste des Märtyrers jedenfalls zu erwarten —
sie gehört zum ordnungsgemäßen Abschluß fast aller alten Märtyrer-
berichte hinzu. Sehr merkwürdig klingt aber die unklare Umschrei-
bung des Beisetzungsortes — οπού καί άκόλουΰνν ?p>77a. Sollte hier
wirklich, wie Reitzensteest78 meint, an den „Altar oder Abendmahls-
tisch“, ja auch nur an eine „Kirche“ oder ein Martyrion gedacht
sein, so kann die Notiz unmöglich aus dem zweiten Jahrhundert
stammen. Die überschwängliche Charakteristik der Gebeine als
76 Act. Joh. 85 f. (BonnctI 193); dazuFrz. J. Dölger, IX0YC2 (1922) 567 f.
77 Man beachte, daß eine Feier der Πολυκάρπου γενέθλια in diesem Sinne
gerade im Mart. Pion. 2, lf. für Smyrna vorausgesetzt ist.
77a Vgl. aber auch das Mart. Justini 6,2: ... λατραίως αυτών τά σώματα
λαβόντες κατέ&εντο έν τόπο) επιτήδειο)...
78 A.a.O. S. 460.
 
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