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Campenhausen, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1958, 2. Abhandlung): Der Ablauf der Osterereignisse und das leere Grab — Heidelberg, 1958

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https://doi.org/10.11588/diglit.42457#0032
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Hans Frhr. von Campenhausen

kusbericht ist das Grab beim Erscheinen der Frauen noch nicht geöffnet.
Ein blitzender Engel, vom Himmel herab, erscheint erst in diesem
Augenblick, wälzt den Stein beiseite109 und fordert sie auf, sich numnehr
selbst davon zu überzeugen, daß das Grab leer sei110. Auf diese Weise
ergibt sich, wahrscheinlich wieder ganz ungewollt, die seltsame Folgerung,
daß Jesus vorher aus dem noch geschlossenen Grabe durch den Felsblock
hindurch gefahren sein muß* * 111. Aber das gewünschte Ziel ist erreicht: das
Grab war nicht nur versiegelt und bewacht, es bleibt auch bis zum letzten
Augenblick, da die Zeugen zur Stelle sind, gänzlich unberührt, und kein
Räuber oder Dieb kann es somit betreten haben.
Die Überlieferung von den Grabeswächtern ist auch in die apokryphe
Überlieferung übergegangen, und hier tritt die leitende apologetische Ab-
sicht dann immer deutlicher hervor. Besonders das Petrusevangelium hat ver-
schiedene ältere Nachrichten zusammengetragen112 und vorzüglich die Siche-
rung des Grabes noch über Matthäus hinaus ins Phantastische gesteigert.
Der Stein wird nicht bloß einmal, sondern gleich siebenfach versiegelt113.
Er ist zudem so unmäßig schwer, daß nicht nur alle Wächter einschließlich
ihres Centurio, sondern auch noch die Ältesten und Schriftgelehrten der
Juden und überhaupt alle Umstehenden mit eingespannt werden müssen,
um ihn vor den Eingang zu wälzen114. Trotzdem setzt er sich im entschei-
denden Augenblick von selbst in Bewegung und kullert von der Stelle, als
die Engel erscheinen und Jesus das Grab verlassen soll115. Besonders kenn-
zeichnend ist die unverkennbare Absicht, die Zahl der neutralen und feind-
lichen Zeugen zu vermehren. Kelsos war gewiß nicht der erste, der im zwei-
ten Jahrhundert darüber gespottet hat, daß der angeblich auferstandene
Gott sich gleichwohl nur vor seiner gläubigen Anhängerschaft zu zeigen

109 Mt. 28, 2f.
110 Mt. 28, 6.
111 Origenes, Contra Celsum V 58, scheint sie noch nicht ziehen zu wollen, und die
Kunst entschließt sich erst im hohen Mittelalter zu entsprechenden Darstellun-
gen: H. Schrade, Ikonographie der christlichen Kunst I: Die Auferstehung
Christi (1932) 56ff. Für die altchristlichen Auferstehungsbilder s. jetzt: Jeanne
Villette, La resurrection du Christ dans l’art chretien du II® au VII® siede
(Paris 1957).
112 Da das Petrusevangelium nach Abzug der Wache die Frauen noch zur Sal-
bung kommen läßt und dazu auch die Auferstehung selber berichten will, so
entsteht ein überaus künstliches Kommen und Gehen wie in einem klassizisti-
schen Drama, das mit den drei Einheiten zurechtkommen muß.
113 Ev. Pt. 8, 33.
114 Ev. Pt. 8, 32. In der gleichen Absicht erweitert der westliche Text von Lk. 23,
53 die aus dem Markusevangelium übernommene Variante von dem vor die
Grabestür gewälzten Stein um die Nachricht, daß ihn zwanzig Männer kaum
von der Stelle zu wälzen vermochten: . . . ejteürixev xco pvr]ue[cp Viüov, ov
[loyi-S eixoai extAiov.
115 Ev. Pt. 9, 37.
 
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