Metadaten

Campenhausen, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1958, 2. Abhandlung): Der Ablauf der Osterereignisse und das leere Grab — Heidelberg, 1958

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42457#0033
Lizenz: In Copyright
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Der Ablauf der Osterereignisse und das leere Grab 31
wagte116. Jetzt wird vor dem Grabmal für die Wache ein großes Zelt er-
richtet, und alles Volk, nicht nur aus Jerusalem, sondern auch aus der Um-
gebung strömt herzu, um den Platz in Augenschein zu nehmen117. Das
Petrusevangelium schreckt aber auch nicht mehr davor zurück, die Auf-
erstehung Jesu selbst zu beschreiben118 und ausgerechnet die heidnischen
Wachen und die mitanwesenden jüdischen Ältesten zu Zeugen dieses Vor-
gangs zu machen119. Die apologetische Interessiertheit hat über die religiöse
Ästhetik gesiegt. Nur das Hebräerevangelium wagt es, in dieser Richtung
noch einen Schritt weiter zu gehen: die erste Person, mit der Jesus nach
seiner Auferstehung die Verbindung aufnimmt, ist hier der wohl mit zur
Grabeswache gehörige120 Knecht des Hohenpriesters, dem er zum hand-
greiflichen Erweis des Auferstandenseins selber das leinene Grabtuch über-
reicht121.
In all diesen Berichten spiegelt sich die Diskussion der Christen mit
ihren Gegnern wider. Sie erweist sich als ein überaus wirksames, die alte
Überlieferung gestaltendes und immer stärker auch umgestaltendes Mo-
ment122. Diese Tendenz ist nicht nur bei Matthäus und in den apokryphen
Evangelien, sondern auch im Johannes-Evangelium am Werk; hier ist sie
bisher nur weit weniger bemerkt und beachtet worden. Eines ist unter die-
sem Gesichtspunkt freilich schon Chrysostomos auf gefallen123: der aus-
führliche Bericht über die Lagerung des Grabtuchs und des für sich geleg-
ten, auf gerollten Schweißtuchs ist augenscheinlich als Beweis dafür zu neh-
men, daß Jesu Leib nicht gestohlen sein konnte124. Niemand, der einen

116 Orig. Cels. II, 63: exUW Eiitep övxcog üeiav Süvapiv Excppvou rjAeZev 6 TqcToüg,
oruxoig tolg eni'iQeaaaai xal xcö xaxaSixaaavTi xai cAcog näouv öcpAf\va.L. Ähn-
lich II 55. 70 und Porphyrios bei Macarius Magnes II 14; vgl. III 18. Der
entgegengesetzte christliche Grundsatz wird Act. 10, 40f. ausdrücklich formu-
liert: . . . aütöv ejxcpavf) ysvsGÜai - oü jtavcl tq> kaco, vXka papruaiv xoig
jtpoxexeiQOTOvqpevoig xutö toü tfeoö, r]jxiv . . .
117 Ev. Pt. 8, 31—9, 34. Nach dem slavischen Josephus 7, 8 (hinter Bell. 5, 54)
bestand die Wache aus dreißig Römern und tausend Juden.
118 Ebenso der lateinische Kodex k saec. IV/V zu Mk. 16, 3: subito autem ad
horam tertiam tenebrae die factae sunt per totum orbem terrae, et descen-
derunt de caelis angeli et surgent(es?) in claritate vivi Dei simul ascenderunt
cum eo, et continuo lux facta est, tune illae accesserunt ad monimentum . . .
119 Ev. Pt. 10, 38ff.
120 Dobschütz S. 30.
121 Hieron. vir. ill. 2: euangelium quoque, quod appelatur secundum Elebraeos...
post resurrectionem saluatoris refert: „dominus autem, cum dedisset sindonem
seruo sacerdotis, iuit ad Iacobum et apparuit ei...“ Die Frage, wie Jesus
selbst zu neuen Kleidern gekommen sei, drückt hier noch nicht; vgl. aber
Ps. Justin (= Theodoret? Diodor?), Quaest. orthod. 116.
122 Natürlich kommen für die Entwicklung auch noch andere, wesentliche Motive
in Betracht, auf die aber hier jetzt nicht einzugehen ist.
123 Hom. Mt. 90 (91), 2; hom. Joh. 85 (84), 4.
124 Joh. 20, 5—7; ähnlich der interpolierte Vers Lk. 24, 12.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften