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Wolf gang Schadewaldt
getötet hat, und auch gegen Penelope immer mehr Raum gewinnt.
Penelope auf der anderen Seite schickt die Alte zunächst schroff
hinweg (11—24), dann wird sie doch von einer überstürzenden
Freude ergriffen und fragt, wie dieses alles denn möglich war (35 bis
38), in ihrer dritten Antwort weist sie noch einmal gewaltsam die
nun doch schon begründete Wahrheit von sich (59—68): „Nein, das
Wort ist nicht wahr, wie du es redest“, und will lieber glauben, daß
ein Gott vom Himmel gekommen ist und die Freier gestraft hat:
„Odysseus aber hat die Heimkehr verloren, fern dem Achaierlande,
und ist selbst zugrunde gegangen.“ Schließlich aber (81—84), als die
Alte von dem Zeichen der Narbe gesprochen hat und für die Wahr-
heit ihrer Worte sogar ihr Leben verpfänden will, jenes halbe,
zweifelnde Nachgeben: „Die Ratschlüsse der Götter kann man nicht
ergründen, und wenn man noch so kundig ist. Allein, so laß uns
gleichwohl nach meinem Sohne ausgehen“ — meinem ,Sohn‘ sagt
sie — „um die toten Freier zu sehen und ihn, der sie getötet hat.“
Die Entwicklung des Gesprächs aus jenem Gegeneinander von
Gewißheit der Wahrheit und Widerstreben gegen sie ist so genau
und gleichsam gesetzmäßig, daß man sie in einem Diagramm dar-
stellen kann.
Eurykleia
Penelope
Das Diagramm ist nach den vier Stufen des Gesprächs gegliedert:
die mittlere, sich verbreiternde Linie, bezeichnet das progressive
Raumgewinnen der Eurykleia, die Kurve bezeichnet, wie Penelope
zuerst widerstrebt, dann von Freude ergriffen wird, dann noch ge-
waltsamer willensmäßig widerstrebt und schließlich, wenn auch
nicht überzeugt, sich der Linie der Eurykleia nähert.
Was ich mit der ganzen Paraphrase sichtbar machen wollte, das
ist die Straffheit und Konsequenz, mit der die Weckszene struktu-
riert ist9. Aus einem Grundmotiv ist alles weitere so gesetzmäßig
9 In der Weckszene sind verschiedene Versgruppen, so 18/19, 20—24, 28, 41 ff.,
73—77 von Wilamowitz, Von der Mühll u. a. als eingeschoben oder über-
arbeitet beanstandet worden. Näheres bei Von der Mühll 761. Ich vermag
Wolf gang Schadewaldt
getötet hat, und auch gegen Penelope immer mehr Raum gewinnt.
Penelope auf der anderen Seite schickt die Alte zunächst schroff
hinweg (11—24), dann wird sie doch von einer überstürzenden
Freude ergriffen und fragt, wie dieses alles denn möglich war (35 bis
38), in ihrer dritten Antwort weist sie noch einmal gewaltsam die
nun doch schon begründete Wahrheit von sich (59—68): „Nein, das
Wort ist nicht wahr, wie du es redest“, und will lieber glauben, daß
ein Gott vom Himmel gekommen ist und die Freier gestraft hat:
„Odysseus aber hat die Heimkehr verloren, fern dem Achaierlande,
und ist selbst zugrunde gegangen.“ Schließlich aber (81—84), als die
Alte von dem Zeichen der Narbe gesprochen hat und für die Wahr-
heit ihrer Worte sogar ihr Leben verpfänden will, jenes halbe,
zweifelnde Nachgeben: „Die Ratschlüsse der Götter kann man nicht
ergründen, und wenn man noch so kundig ist. Allein, so laß uns
gleichwohl nach meinem Sohne ausgehen“ — meinem ,Sohn‘ sagt
sie — „um die toten Freier zu sehen und ihn, der sie getötet hat.“
Die Entwicklung des Gesprächs aus jenem Gegeneinander von
Gewißheit der Wahrheit und Widerstreben gegen sie ist so genau
und gleichsam gesetzmäßig, daß man sie in einem Diagramm dar-
stellen kann.
Eurykleia
Penelope
Das Diagramm ist nach den vier Stufen des Gesprächs gegliedert:
die mittlere, sich verbreiternde Linie, bezeichnet das progressive
Raumgewinnen der Eurykleia, die Kurve bezeichnet, wie Penelope
zuerst widerstrebt, dann von Freude ergriffen wird, dann noch ge-
waltsamer willensmäßig widerstrebt und schließlich, wenn auch
nicht überzeugt, sich der Linie der Eurykleia nähert.
Was ich mit der ganzen Paraphrase sichtbar machen wollte, das
ist die Straffheit und Konsequenz, mit der die Weckszene struktu-
riert ist9. Aus einem Grundmotiv ist alles weitere so gesetzmäßig
9 In der Weckszene sind verschiedene Versgruppen, so 18/19, 20—24, 28, 41 ff.,
73—77 von Wilamowitz, Von der Mühll u. a. als eingeschoben oder über-
arbeitet beanstandet worden. Näheres bei Von der Mühll 761. Ich vermag