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Pöschl, Viktor; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1961, 1. Abhandlung): Die große Maecenas-Ode des Horaz (c. 3,29) — Heidelberg, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.44190#0027
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Die große Maecenasode des Horaz

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Objekte des quaerit·. umbras, rivom, dumeta. (Schon aus diesem Grunde
ist Heinzes Erklärung abzulehnen, der horridi dumeta Silvani nicht zu
quaerit, sondern zu dem folgenden caretque ziehen möchte, wobei er an-
nimmt, daß das que, das hinter ripa stehen müßte, verschoben und an caret
angehängt worden wäre, eine höchst gezwungene Konstruktion.) Während
in der Sternbilderstrophe die Dissonanz clarus occultum und die Sperrun-
gen clarus - pater, occultum - ignem eine starke Spannung hervorrufen,
herrscht in der Flirtenstrophe namentlich am Anfang18 und am Schluß der
Eindruck harmonischer Ausgewogenheit und melodischer Wortgestaltung,
wobei die schöne Vokalkette des Schlußverses bemerkenswert ist: ripa vagis
taciturna ventis™.
Dem summierenden Schlußsatz sole dies referente siccos entspricht das
gleichfalls summierende ripa vagis taciturna ventis. Beide Verse sind, was
die Cäsuren betrifft, völlig gleich gebaut und kontrastieren insofern, als
die helle Umrahmung ripa - ventis mit der dunklen sole - siccos genau
korrespondiert. Aber während das Wort referente in seiner Monotonie
das Lästige der nicht weichenden Hitze malt, drückt der melodische Vokal-
wechsel des an gleicher Versstelle stehenden taciturna Frieden und Er-
quickung aus. Wieder ist auch die Bewegung der beiden Strophen im Ge-
gensinne aufeinander bezogen: dem gnadenlosen Andringen der Gestirne
entspricht ein sanftes Abklingen in der Hirtenstrophe, eine Beruhigung
im Sommerfrieden des windstillen Ufers. Der Flirt mit seiner Herde zieht
sich gleichsam vor der Hitze in den Schatten zurück. Es ist die natürliche
Reaktion auf das, was die Stunde fordert. Ein Leitmotiv der horazischen
Lyrik klingt hier an: der Mensch muß bereit sein, auf den Ruf des Augen-
blicks, der Stunde, der Jahreszeit zu hören20.
Die Strophen 5 und 6 zeigen also die gleiche Struktur wie die beiden
Eingangsstrophen der Ode: beide sind jeweils eng miteinander verbunden.

dem Enjambement in Strophe 2: Aefulae/declive . .. arvum, auch dort im Un-
terschied zu der früheren Strophe 1, wo die drei Kola streng auf je einen Vers
verteilt sind. Auch in dieser Hinsicht sind die Strophenpaare 1/2 und 5/6 gleich
gebaut.
18 Zu dem Satz iam pastor umbras bemerkt Heinze treffend: „Die Wortpaare
iam quaerit, pastor fessus, umbras rivumque umrahmen auseinandergelegt
chiastisch den für die Anschauung wichtigsten Begriff cum grege languido.“
19 Über Vokalketten das wichtige Buch von N. I. Herescu, La poesie latine, Etüde
des structures phoniques, Paris 1960, 82ff.
20 Zwischen Naturschilderungen, Beschreibungen der Jahreszeiten und dem Carpe
diem-Motiv besteht eine enge Verknüpfung, die H. Bardon untersucht hat
(Carpe diem, Rev. Et. Anc. 44, 1943, 345-355). Der iam-Anapher in unserer
Ode entspricht die nunc-Anapher in c. 1, 4. Die Jahreszeiten enthalten eine
besonders sinnfällige Aufforderung, das dem Augenblick Gemäße zu tun, und
sind deshalb in dem genannten Zusammenhang ein besonders geeignetes
Symbol.

2 Pöschl, Die große Maecenasode des Horaz
 
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