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Pöschl, Viktor; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1961, 1. Abhandlung): Die große Maecenas-Ode des Horaz (c. 3,29) — Heidelberg, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.44190#0032
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Viktor Pöschl

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dazu - Seneca hat das am eindringlichsten in der Schrift De brevitate vitae
ausgeführt die Aktivposten zusammenzubringen, die in der Gewinn-
summe des Lebens verbucht werden können, während umgekehrt bei dem,
der sich weise in den stillen Bereich der Muße zurückgezogen hat, tota vita
in reditu est (Seneca, De brevitate vitae 11, 2). Illorum brevissima ac sol-
licitissima aetas est, qui praeteritorum obliviscuntur, praesentia neglegunt,
de juturo timent: cum ad extrema venerunt, sero intellegunt miseri tarn
diu se, dum nihil agunt, occupatos fuisse (a. 0. 16, 1).
Das Bilanzziehen und sorgfältige Inventarisieren des Vorhandenen, die
Bedachtnahme auf den wahren inneren Gewinn ist in dem Akt des com-
ponere bei Horaz vorausgesetzt. Denn man muß „das, was da ist“ {quod
adest) erst nach Quantität und Qualität (quanta sint quamque iucunda)
überschauen und abwägen, ehe man es zusammenfassen und zu einem Gan-
zen ordnen kann. Doch um nicht mißverstanden zu werden, möchte ich be-
tonen, daß componere hier natürlich nicht „inventarisieren“, sondern „ord-
nen“ heißt.
Strophe 9 und 10
Das, was gegenwärtig ist, soll man ordnen und sinnvoll gestalten und
zwar aequos^: immer gleichen Sinnes, weder durch Glück noch durch Un-
glück aus dem Zustand des Gleichgewichts geworfen, in dem die Seele des
Weisen sich zu halten weiß, ungetrübt und unerschüttert von Furcht und
Hoffnung, unbeeindruckt von den Mißhelligkeiten, die daneben bestehen
oder die die Zukunft bringen wird, von den „anderen“ Dingen (den
cetera), über die wir nicht Herr sind32.
Die Summe des Lebens erscheint auch bei Horaz c. 4, 7, 17: quis seit an adiciant
hodiernae crastina summae tempora di superi, wo das summa nicht einfach,
wie Heinze erklärt, summa dierum meint, sondern die Summe der Aktivposten,
auf die es mehr ankommt als auf die Zahl der Lebenstage. Vgl. auch Manilius
4,4: nullo votorum fine beati victuros agimus semper nec vivimus unquam
pauperiorque bonis quisque est, quia plura requirit nec quod habet numerat,
tantum quod non habet optat, wo das quod habet dem quod adest des Horaz,
und das quod non habet dem quod abest des Lucrez entspricht.
31 Ähnlich beschreibt Horaz die Haltung des Aristipp (epi. 1,17, 23):
omnis Aristippum decuit color et status et res
temptantem maiora fere praesentibus aequum,
was Heinze unter Hinweis auf Aeneis 10, 450f. sorti pater (= Euander) aequus
utrique est als aequo animo ferens erklärt. Bei Diogenes Laertius 2, 8, 66 wird
Aristipp charakterisiert als αεί τό προσπεσόν εύ διατιθέμενος, άπέλαυε μέν γάρ
ήδονής των παρόντων κτλ. Das kommt dem quod adest memento componere
aequos sehr nahe. Vgl. auch Lucilius 700 Marx: ceterum quid sit, quid non
sit, ferre aequo animo et fortiter.
32 Die cetera erscheinen in ähnlichem Zusammenhang epo. 13, 7ff. c. 1, 9, 9ff. Unter
den Parallelstellen, die H. Hommel, Horaz, 1950, 34, Anm. 26 anführt, ist die
Formulierung des Euripides besonders wichtig (Alkestis 788):
 
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