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Bornkamm, Günther; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1961, 2. Abhandlung): Die Vorgeschichte des sogenannten Zweiten Korintherbriefes — Heidelberg, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.44191#0028
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Günther Bornkamm

den Herrn nicht liebhaben96. Auch Phil 3, 2ff. enthält eine breite, äußerst
scharfe Polemik gegen die „bösen Arbeiter“, „die Zerschneidung“ der Ge-
meinde, „die Feinde des Kreuzes Christi, deren Ende das Verderben, de-
ren Gott der Bauch und deren Ruhm ihre Schande ist; ihr Sinnen gilt dem
Irdischen“ (3, 18f.). Der Abschnitt steht zwar nicht am Ende des Briefes,
wohl aber unmittelbar vor der letzten Ankündigung der Parusie des
Herrn97. Auch der I. Petrusbrief verbindet mit seiner abschließenden
eschatologisch begründeten Mahnung zum Ausharren in der Verfolgung98
und mit der Weisung an die Ältesten, die anvertraute Herde Gottes recht
zu weiden99, die drohende Warnung vor denen, die dem Evangelium nicht
gehorsam sind und ihr Amt eigensüchtig mißbrauchen100. Ausdrücklich ver-
weisen auch die Schlußverse des Judasbriefes101 und das letzte Kapitel des
II. Petrusbriefes102 auf die von den Aposteln und heiligen Propheten ge-
gebene Ankündigung der Irrlehrer für die Endzeit. Einen entsprechenden
Platz hat dieselbe Warnung im letzten Kapitel des Hebräerbriefes103 und
in der Johannesapokalypise104. In den Johannesbriefen, die sicher nicht
demselben Autor wie die Apok. zuzuschreiben sind, ist die Ketzerpolemik
zwar über die Briefe im ganzen zerstreut, ebenso auch in den Briefen des
Ignatius. Dagegen stehen Ankündigung und Warnung vor falschen Apo-
steln und Propheten wieder wie häufig im letzten Kapitel der Zwölf-
Apostel-Lehre (16, 3). Diese zuletzt genannte Stelle ist darum für uns von
besonderem Interesse, weil sie das fragliche Motiv nicht nur als festen
Topos bei der Abfassung und Anordnung einzelner Schriften überhaupt,
sondern auch als bestimmendes Motiv bei der Komposition in sich dis-
paraten Traditionsgutes erkennen läßt; denn es steht außer Zweifel, daß
dieDidache sehr verschiedenes Überlieferungsgut zu einer, und zwar der für
uns ältesten Kirchenordnung zusammengestellt hat und ihr Schlußkapitel
nur in lockerem Zusammenhang mit allem Vorangehenden steht105. Daß
wir es hier wirklich mit einem sekundären Kompositionsprinzip zu tun

86 I Kor 16, 22.
97 Phil 4, 4f.
98 I Petr 4, 12ff.; 5, 5ff.
99 I Petr 5, lff.
100 I Petr 4, 17; 5, 2ff.
101 Judas 17ff.
102 II Petr 3, 2ff.
103 Hebr 13, 9ff.
104 Offb 22, 9-19. In meinem Aufsatz: Anathema in der urchristlichen Abend-
mahlsliturgie (in: G. Bornkamm, Das Ende des Gesetzes, Paulusstudien, Ges.
Aufs. I, 2. Aufl., 1958, S. 123ff.) hoffe ich den Nachweis erbracht zu haben, daß
die Abweisung der Ungläubigen verbunden mit der Einladung der Glauben-
den einen festen Platz in der Abendmahlsliturgie hatte und hier der ursprüng-
liche liturgische „Sitz im Leben“ auch für die Abwehr der Irrlehrer war.
105 Dabei kann die Frage offen bleiben, ob Did 16 von Anfang an zu der Schrift
gehört hat oder selbst sekundär angefügt ist (was ich nicht glaube).
 
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