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Gärtner, Hans Armin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1974, 5. Abhandlung): Cicero und Panaitios: Beobachtungen zu Ciceros "De officiis" ; vorgel. am 12. Jan. 1974 v. Viktor Pöschl — Heidelberg: Winter, 1974

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https://doi.org/10.11588/diglit.45448#0076
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Anhang II
(Kap III Anm. 19)

Sichtbarkeit und Ersichtlichkeit
Es überrascht dabei allerdings, daß eben noch deutlich von einem Teil
der Ehrenhaftigkeit die Rede war, jetzt aber vom Verhältnis des <decorum>
zum Gesamthonestum gesprochen wird. Außerdem überrascht, daß gleich
gegen den Versuch Stellung bezogen wird, das <decorum> vom <honestum>
zu trennen. Das wird doch niemand hier wollen, und jedermann dürfte
nach den vorgenannten Begriffen <verecundia>, <temperantia> und <modestia>,
die Bestandteile des <honestum> sind, auch das <decorum> zum Bestand des
<honestum> rechnen.
Darauf liegt der Nachdruck. Das pleonastische <tum> - <cum> betont
nicht irgendeine Besonderheit des <decorum>, sondern eine Korrespondenz
zwischen <honestum> und <utile>, hier die Nachfolge des <decorum>. Bei der
Übersetzung des Wortes <apparet> wird man zögern. Heißt es «es wird
deutlich», d.h. «evident», oder «es tritt in Erscheinung», «wird anschaulich»,
«wird sichtbar» ?
Nach H. Merguet, Lexikon zu den philosophischen Schriften Ciceros
(1887) Bd. 1, 213/14, hat <appareo> den Bedeutungskreis: «erscheinen»,
«sichtbar werden», «klar werden», «zu Gebote stehen», «dienen». Von den
drei Abteilungen: I (unpersönlich), II (mit Subjektsatz) und III (mit Subjekt)
bie en die beiden ersten solche Stellen, an denen <apparet> in abstrakter
Bedteutung («es ist deutlich», «klar», «evident») vorkommt, etwa: de fin.
IV,46 <apparet statim, quae sint officia, quae actiones>; de fin. V,58: <apparet
nos ad agendum esse natos>. Die Mehrdeutigkeit findet sich bei der Ab-
teilung III (mit Subjekt); in dieser Abteilung ist auch unser Satz: <id tum
apparet .. .> aufgeführt. Hier finden sich drei Bedeutungsnuancen:
1) die unmittelbare und wohl ursprüngliche Bedeutung (vgl. A. Walde -
J.B. Hofmann, Etymol. Wörterbuch der lat. Sprache, 2. Bd. 31954, 252 s.v.
<pareo>): «erscheine», «bin sichtbar», «trete in Erscheinung»; z.B. de div.
1,58: <cum tu . .. delapsus in flumine nusquam apparuisses>; de div. 11,140:
<quod equus ... mecum demersus rursus apparuit> u.a.m.
2) die übertragene, abstrakte oder «theoretische» Bedeutung: «wird
deutlich», «wird ersichtlich», die wir schon aus den beiden ersten Abteilungen
bei Merguet kennen: In de off. 1,145 ist unter dem Thema <opportunitas>
die Rede davon, daß jemand, wenn er eine Sache vor Gericht vertreten muß,
auf dem Wege oder beim Spazierengehen sich darauf meditierenderweise
vorbereiten kann, macht er das aber bei einem Gastmahl, dürfte er ungebildet
 
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