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Schmidt, Ernst A.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1974, 6. Abhandlung): Zur Chronologie der Eklogen Vergils: vorgelesen am 27. April 1974 von Viktor Poeschl — Heidelberg: Winter, 1974

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https://doi.org/10.11588/diglit.45449#0040
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Ernst A. Schmidt

mit einem Begriff zu arbeiten, der fast notwendig mit dem äquivoken
vergilischen verwechselt wird, bleibt fraglich. Der von dieser Methode
her geforderte Satz: <Auch die nicht-arkadischen Eklogen Vergils sind
arkadisch> ist mißlich, abgesehen davon, daß er zu widerlegen sein
wird3.
Die Problematik des Verfahrens, allgemeine Charakteristika der ver-
gilischen Bukolik gerade Arkadien zu nennen, äußert sich auch in dem
eigentümlichen Ausschließlichkeitsanspruch dieses Symbolworts. Da-
bei wäre eine solche Benennung, falls sie beansprucht, das vergilische
Arkadien zu meinen, nur neben gleichgewichtigen vergilischen Vorstel-
lungen zu gebrauchen, als welche zumal Sizilien, sizilisch (und sizilische
Lokalitäten) im Zusammenhang mit Gesang und bukolischer Welt und
Orpheus, orphische Wirkung der Musik anzuführen sind. Belege für
beide Motivgruppen sind nicht seltener als solche für Arkadien in den
Eklogen4. Ekloge 10 etwa ist ebenso sehr neben <arkadisch> auch <sizi-
lisch>, als Gallus in Arkadien die <avena> des sizilischen Hirten spielen
will5, wie ecl. 2 neben <sizilisch> auch <arkadisch> ist, insofern als Cory-
don, der auf sizilischen Bergen seine Lämmer weidet (v. 21), die Syrinx
Pans spielen will (v. 31 ff.). Die miteinander ihrem Umfang und Ge-
wicht nach konkurrierenden Vorstellungen Arkadien, Sizilien, Orpheus
werden zusammengefaßt und überboten in Vergils Symbolwort <sil-
vae> für bukolische Welt und Dichtung6. Dieses allein kann den An-
spruch erheben, für das Ganze der vergilischen Bukolik zu stehen7.
Was Vergil unter Arkadien verstanden hat, ist aus der Einheit der
drei Spätstücke zu erschließen. Der vierten Ekloge kommt dabei je-
doch eine entscheidende Bedeutung zu. In ihr taucht zum ersten Mal

3 Impliziert ist der obige Satz in den Bemerkungen Snells (Arkadien. Die Ent-
deckung einer geistigen Landschaft. In: Die Entdeckung des Geistes, Hamburg
19553, S. 377 ff.), ecl. 2 sei arkadisch wie alle späteren bzw. Vergils Hirten wür-
den von Ekloge zu Ekloge mehr und mehr zu arkadischen Schäfern. - Die Para-
doxie, die der Mißbrauch des Begriffs Arkadien erzeugt, ist noch eklatanter bei
C. Fantazzi, Virgilian Pastoral and Roman Love Poetry, AJPh 87 (1966), S. 171-
191. Fantazzi nennt S. 180 das Lied Dämons in ecl. 8, d. h. das erste arkadische
Lied Vergils, «anti-arkadisch»! Vgl. auch Aufsatztitel wie den folgenden von
Charles Segal: «‘Tarnen cantabitis, Arcades’ - Exile and Arcadia in Eclogues One
and Nine», Arion 4 (1965), S. 237-266.
4 Vgl. zu Sizilien, usf.: ecl. 1,54; 2,21; 4,1; 6,1; 7,37; 10,1.4.5.51 = 9 Belege; zu
Orpheus, usf.: ecl. 3,46; 4,55-57; 6,27-30.70 f., 8,2-4.55 f. = 6 Belege.
5 Ecl. 10,50 f. nach ecl. 1,2 und 6,1 f.8.
6 Vgl. Becker, a. O., S. 341, Anm. 2; Schmidt, Poet. RefL, S. 243 und Index, s. v.
7 25 Belege für «silvae», «silvestris» in den Eklogen.
 
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