Zur Chronologie der Eklogen Vergils
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in Vergils Bukolik das Wort Arkadien auf. Von einer Abblassung des
Arkadienbegriffs in ecl. 4, so Jachmann8, kann daher von vornherein
nicht die Rede sein, allenfalls von einer blassen Vorstufe. Nun wird
allerdings in der Literatur über Arkadien, welche in der ungebroche-
nen oder wiederbelebten Tradition der neuzeitlichen Arkadienvor-
stellung steht, ein Zusammenhang zwischen dem Goldenen Zeitalter
in ecl 4 und dem Wort «Arcadia» in ecl. 4 hergestellt. Das ist eine phi-
lologisch unerlaubte Konstruktion. Arkadien spielt in ecl. 4 eine Rolle
ausschließlich als musischer Wettkampfrichter in einem Wettstreit
zwischen Pan und Vergil, wobei der letztere das ins Auge gefaßte Epos
singen will. Nicht nur ist Arkadien nicht das lokale Äquivalent für
die zeitliche Vorstellung des Goldenen Zeitalters, sondern selbst das
Lied, das Vergil vor dem musischen Schiedsrichter Arkadien singen
wird, hat nichts mit dem Goldenen Zeitalter zu tun, welches als un-
heroischer Gegenstand nicht Thema eines Epos sein könnte. Was Ver-
gil singen wird, hat er in v. 31-36 deutlich gesagt: eine zweite Argonau-
tenfahrt, eine zweite Illias. Arkadien wird von Vergil in ecl. 4 genannt
als musischer Schiedsrichter in einem Agon mit Pan. Die Wahl Arka-
diens ist ausschließlich damit begründet, daß es die Heimat Pans ist.
Der Sieg Vergils ist umso erstaunlicher, als er selbst eventuelle Partei-
lichkeit gegenüber dem göttlichen Patron überwänden wird. Die Neue-
rung in ecl. 4 gegenüber den früheren Eklogen besteht, was die Nen-
nung Arkadiens betrifft, in nichts anderem, als daß nun Pan, der schon
in ecl. 2,31-33 als musischer Gott und Hirtenpatron, d. h. als Herr der
musischen bukolischen Welt, genannt worden war, seine Heimat er-
hält.
Das Modell für den Agon zwischen Ich und Hirtengott vor partei-
ischem Schiedsrichter stammt aus ecl. 2,26f.: «non ego Daphnim /
iudice te metuam». Der Knabe Alexis soll Schiedsrichter sein im Wett-
streit der Schönheit des Hirtenheros Daphnis und des hier singenden
Hirten Corydon. Die Übertragung dieses Modells auf einen musischen
Wettkampf mit dem Gott der Bukolik führte geradezu mit Notwendig-
keit auf Arkadien, seinen Herrschaftsbereich.
Primäres Modell dieser Verse sind aber die ersten elf Verse des
ersten theokritischen Idylls und zwar in der Weise, daß Vergil die
gegenseitigen Komplimente der beiden Hirten <kontaminiert>. Der Zie-
genhirt erhält in id. 1 das Lob, er werde nach Pan den zweiten Preis
davontragen (v. 3). Er entgegnet in urbaner Überbietung, die Vorstel-
Günther Jachmann, L’Arcadia come paesaggio bucolico, Maia 5 (1952), S. 169 f.
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in Vergils Bukolik das Wort Arkadien auf. Von einer Abblassung des
Arkadienbegriffs in ecl. 4, so Jachmann8, kann daher von vornherein
nicht die Rede sein, allenfalls von einer blassen Vorstufe. Nun wird
allerdings in der Literatur über Arkadien, welche in der ungebroche-
nen oder wiederbelebten Tradition der neuzeitlichen Arkadienvor-
stellung steht, ein Zusammenhang zwischen dem Goldenen Zeitalter
in ecl 4 und dem Wort «Arcadia» in ecl. 4 hergestellt. Das ist eine phi-
lologisch unerlaubte Konstruktion. Arkadien spielt in ecl. 4 eine Rolle
ausschließlich als musischer Wettkampfrichter in einem Wettstreit
zwischen Pan und Vergil, wobei der letztere das ins Auge gefaßte Epos
singen will. Nicht nur ist Arkadien nicht das lokale Äquivalent für
die zeitliche Vorstellung des Goldenen Zeitalters, sondern selbst das
Lied, das Vergil vor dem musischen Schiedsrichter Arkadien singen
wird, hat nichts mit dem Goldenen Zeitalter zu tun, welches als un-
heroischer Gegenstand nicht Thema eines Epos sein könnte. Was Ver-
gil singen wird, hat er in v. 31-36 deutlich gesagt: eine zweite Argonau-
tenfahrt, eine zweite Illias. Arkadien wird von Vergil in ecl. 4 genannt
als musischer Schiedsrichter in einem Agon mit Pan. Die Wahl Arka-
diens ist ausschließlich damit begründet, daß es die Heimat Pans ist.
Der Sieg Vergils ist umso erstaunlicher, als er selbst eventuelle Partei-
lichkeit gegenüber dem göttlichen Patron überwänden wird. Die Neue-
rung in ecl. 4 gegenüber den früheren Eklogen besteht, was die Nen-
nung Arkadiens betrifft, in nichts anderem, als daß nun Pan, der schon
in ecl. 2,31-33 als musischer Gott und Hirtenpatron, d. h. als Herr der
musischen bukolischen Welt, genannt worden war, seine Heimat er-
hält.
Das Modell für den Agon zwischen Ich und Hirtengott vor partei-
ischem Schiedsrichter stammt aus ecl. 2,26f.: «non ego Daphnim /
iudice te metuam». Der Knabe Alexis soll Schiedsrichter sein im Wett-
streit der Schönheit des Hirtenheros Daphnis und des hier singenden
Hirten Corydon. Die Übertragung dieses Modells auf einen musischen
Wettkampf mit dem Gott der Bukolik führte geradezu mit Notwendig-
keit auf Arkadien, seinen Herrschaftsbereich.
Primäres Modell dieser Verse sind aber die ersten elf Verse des
ersten theokritischen Idylls und zwar in der Weise, daß Vergil die
gegenseitigen Komplimente der beiden Hirten <kontaminiert>. Der Zie-
genhirt erhält in id. 1 das Lob, er werde nach Pan den zweiten Preis
davontragen (v. 3). Er entgegnet in urbaner Überbietung, die Vorstel-
Günther Jachmann, L’Arcadia come paesaggio bucolico, Maia 5 (1952), S. 169 f.