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Bulst, Walther [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1975, 1. Abhandlung): Carmina Leodiensia — Heidelberg: Winter, 1975

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https://doi.org/10.11588/diglit.45454#0034
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24

Walther Bulst

I

Sogar Bormans hatte wenigstens bei carm. I: Aeole rex fortis an
seiner Verfasserschaft gezweifelt: «J’ignore si ces vers doivent etre
attribues au meme auteur, que ceux que je citerai plus loin; mais c’est
bien la meme latinite, la meme forme et le meme gout.» (p.127.) Was
hat er darunter verstanden? Die ‘mittelalterliche’ Latinitat schlechthin?
Den Reim sowohl der metrischen wie der accent-rhythmischen Texte?
Daft, ausgenommen II und VIII, sie samtlich ‘Amatoria’ sind? - Del-
bouille’s Argument fur die Verfasserschaft keines Anderen ais des von
ihm vermeinten ‘Gautier’ bleibt erstaunlich: «On notera qu’aucun des
manuscrits ... n’attribue ou n’incite a attribuer Aeole, rex fortis a un
autre poete» (p.225), - indem es namlich in ihnen allen anonym steht.
Mehr noch ais die Anzahl der - samtlich voneinander unabhangi-
gen - Handschriften bezeugt ihr ungleicher Bestand an Versen so-
wohl wie die Umstellungen (5 nach 9 in L, nach 11 in M) die weite
Verbreitung; so sind wohl ebensoviele verlorenen Handschriften an-
zunehmen wie erhalten sind, zugleich aber ein vielleicht um Jahr-
zehnte hoheres Alter des Textes ais des Eintrags in L. Die unbedenk-
liche ‘Freiheit’ wie das leichte Flieften dieser Verse unterscheidet sie
zutiefst von der sichtlichen Bemiihung des Donators um die Versi-
fication und seinem nachdenklichen Ernst. Die Trennung des Paares
durch einen insidiaris (dessen blofte Vermeintlichkeit die Pointe ist)
erinnert an eine «aube».
III
Die Orpheus-Dichtung versificiert ein mythologisches Thema; das
poetische Interesse des Verfassers bestand an den mythischen Inferi
und Orpheus’ Macht uber sie; seine Liebe, Eurydikens Tod, die Be-
dingung ihrer Wiederkehr aus den inania regna, und ihr endgiiltiger
Verlust werden ais den Lesern bekannt vorausgesetzt. Zugrunde liegt
Ovid., met.X, wohl mit Kenntnis von Vergil., georg.IV 453sqq., auch
Boeth., cons.III m.xii. Ihre Unerheblichkeit haben die gewandten
Verse gemein mit ungezahlten anderen carmina der “Schulpoesie”.
 
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