Carmina Leodiensia
25
IV
In carm.IV bilden je vier fallende Achtsilber eine Reim-Strophe;
eine jede gliedert sicli syntaktisch in gleiche Halften. Die Zeilen sind
eingeschnitten zwischen der 4. und 5. Silbe (wie schon in ‘Adae car-
nis gloriosae’ des Hilarius nach der ersten trochaischen Dipodie). Die
durch den Einschnitt nach der 4. Silbe unvermeidliche Hebung der 3.
bewirkt alternierenden Rhythmus der ganzen Zeile14. UnregelmaBig
ist 1,3, wo der Einschnitt nach est liegt (L schreibt inmundo ais ein
Wort) und rerum consonantisch ‘unrein’ reimt (wie schon Sedulius in
"A solis ortus cardine’ aaxa anstelle aaaa zugelassen hat).
Ein groEer Blick umfangt mit Wohlgefallen Friihling und Liebes-
lust ais einerlei Natur, - ohne ein Wort von eigenem Verlangen. So
kunstlos wie auch die Form zu sein doch nur scheint, ebenso scheinbar
kunstlos ist die Ausfuhrung des ‘Thema’ in so wenigen Zeilen, die
keine Bemiihung darum verraten; die Strophen haben kaum ihres-
gleichen.
V
Je sechs steigende Siebensilber bilden eine Reimstrophe des ‘Rith-
mus iocularis’. 1,1 ist ein Achtsilber; hat er sich erst ergeben durch
Danubium, das - wofiir? - auf Rasur steht? Uber 5,5 pulchrius steht
kleiner interlinear - von der ersten Hand? - uel dulcius, liber 6,5 sine
ebenso von derselben uel absque ais Varianten, nicht ais Glossen oder
Emendationen, wo nichts zu glossieren oder emendieren war. dulcis,
dulce, dulciter, ais t. t. der Musik15, und absque sind gewahlter.
Der Verfasser erscheint viel mehr um rhetorische Figuren und Reime
besorgt ais um die Deutlichkeit des Gemeinten; er scheint sogar sich
zu widersprechen: 2,1 Vidi: 4,5.6 visus ... -fiat cognitus. Warum,
quanto canit pulchrius, tanto michi peius, ist nicht gesagt. ‘The poem
is obscurely phrased, and it is an unskilful composition; but it be-
longs, we may assume, to the student world, where the use of gram-
matical symbols in love-songs never seemed to pali.’16
14 nicht umgekehrt Alternation den Einschnitt. Auch Zeilen wie ‘tempus letius
amoris, letius amoris tempus, mirabilium factorum, terribiliore plaga’ alternieren.
15 Vgl. den Index verborum meiner Edition der Carmina Cantabrigiensia, Hei-
delberg 1950, s.v.
16 Raby, II p.318; cf. Dronke, p.282f.
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IV
In carm.IV bilden je vier fallende Achtsilber eine Reim-Strophe;
eine jede gliedert sicli syntaktisch in gleiche Halften. Die Zeilen sind
eingeschnitten zwischen der 4. und 5. Silbe (wie schon in ‘Adae car-
nis gloriosae’ des Hilarius nach der ersten trochaischen Dipodie). Die
durch den Einschnitt nach der 4. Silbe unvermeidliche Hebung der 3.
bewirkt alternierenden Rhythmus der ganzen Zeile14. UnregelmaBig
ist 1,3, wo der Einschnitt nach est liegt (L schreibt inmundo ais ein
Wort) und rerum consonantisch ‘unrein’ reimt (wie schon Sedulius in
"A solis ortus cardine’ aaxa anstelle aaaa zugelassen hat).
Ein groEer Blick umfangt mit Wohlgefallen Friihling und Liebes-
lust ais einerlei Natur, - ohne ein Wort von eigenem Verlangen. So
kunstlos wie auch die Form zu sein doch nur scheint, ebenso scheinbar
kunstlos ist die Ausfuhrung des ‘Thema’ in so wenigen Zeilen, die
keine Bemiihung darum verraten; die Strophen haben kaum ihres-
gleichen.
V
Je sechs steigende Siebensilber bilden eine Reimstrophe des ‘Rith-
mus iocularis’. 1,1 ist ein Achtsilber; hat er sich erst ergeben durch
Danubium, das - wofiir? - auf Rasur steht? Uber 5,5 pulchrius steht
kleiner interlinear - von der ersten Hand? - uel dulcius, liber 6,5 sine
ebenso von derselben uel absque ais Varianten, nicht ais Glossen oder
Emendationen, wo nichts zu glossieren oder emendieren war. dulcis,
dulce, dulciter, ais t. t. der Musik15, und absque sind gewahlter.
Der Verfasser erscheint viel mehr um rhetorische Figuren und Reime
besorgt ais um die Deutlichkeit des Gemeinten; er scheint sogar sich
zu widersprechen: 2,1 Vidi: 4,5.6 visus ... -fiat cognitus. Warum,
quanto canit pulchrius, tanto michi peius, ist nicht gesagt. ‘The poem
is obscurely phrased, and it is an unskilful composition; but it be-
longs, we may assume, to the student world, where the use of gram-
matical symbols in love-songs never seemed to pali.’16
14 nicht umgekehrt Alternation den Einschnitt. Auch Zeilen wie ‘tempus letius
amoris, letius amoris tempus, mirabilium factorum, terribiliore plaga’ alternieren.
15 Vgl. den Index verborum meiner Edition der Carmina Cantabrigiensia, Hei-
delberg 1950, s.v.
16 Raby, II p.318; cf. Dronke, p.282f.