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Bulst, Walther [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1975, 1. Abhandlung): Carmina Leodiensia — Heidelberg: Winter, 1975

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https://doi.org/10.11588/diglit.45454#0037
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Carmina Leodiensia

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Delbouille fand im Text («sans doute») eine «replique» auf Mar-
bods Liber .x. capitulorum, III: De meretrice21; jedoch um Adam
Samson David Salomo anzufuhren, brauchte der Verfasser nidit
Marbod gelesen zu haben. Zu vergleichen sind eher VII 2 Vnde minus
mirum .. . und 4 Arte mali mit Marbods ‘Ligna uoluptatis’22 v.28 Sic
non est igitur mirum quod {si ed. Bg.) quisque moritur und v.23sq.
mulier seducta per artem Demonis inscitum seduxit et ipsa maritum',
beide Texte haben gemein auch den Reim (VII4;
v.8, der freilich auch sonst begegnet23).
Die carm.I und III-VII und II/VIII haben miteinander nichts ge-
mein, was im geringsten wahrscheinlich macht, sie hatten weniger ais
sieben verschiedene Verfasser, so wie eine Folge von zehn ‘Carmina
Burana’ mit sehr seltenen Ausnahmen ebensoviele verschiedenen Ver-
fasser hat. Allein
VI 5 Vincere tam cultu possim quam transeo uultu und
VIII 6 Vt status, ut uultus habitus uox motio cultus
reimen gleich. VIII resiimiert, wovon die ‘Physiognomonia’ thema-
tisch handelt, - ausgenommen, dafi von cultus darin kein Wort ver-
lautet. Der Verfasser hat sich seine Reimworter fur VIII 6 aus VI 5
angeeignet.
Bormans hat offenbar nicht vermocht, sich vorzustellen, dah eine
dedicierte Handschrift andere Texte enthalten konnte ais die der
donator verfafit hat, - obgleich gerade L ihn hieriiber hatte anders be-
lehren mussen24. Er hat, ausgenommen seinen anfanglichen leisen
Zweifel hinsichtlich carm.I, schlechthin vorausgesetzt, alie acht car-
mina hatten denselben Verfasser, daher wohl auch noch nicht einmal
versucht, aus ihrem Text Befunde zu erheben, die dafiir anzufuhren
waren, und begniigte sich mit seinem Eindruck «c’est bien la meme
latinite» etc.25. Argumente fur seine Voraussetzung, die erst einmal zu
widerlegen waren, hat er nicht gehabt. Es gibt auch keine solchen
Argumente und Befunde; kein heutiger Leser der carmina wiire ver-
sucht, fur sie einen und denselben Verfasser anzunehmen. Bormans’
Voraussetzung ist selbst nurmehr historisch zu verstehn aus den An-
fangen der Philologie des lateinischen Mittelalters.
21 Delbouille p.238.
22 ed.pr. fol.Bviiv0; ed. Beaugendre coi.1573; ed. Bourasse col,1668sq.
23 s. Bulst S.203 Anm. 24 s. oben S.6.20. 25 s. oben S.24.
 
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