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Pöschl, Viktor; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1975, 1. Abhandlung): Das Problem der Adelphen des Terenz: vorgetragen am 30. November 1974 — Heidelberg: Winter, 1975

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https://doi.org/10.11588/diglit.45457#0008
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Viktor Pöschl

zubringen). Demea ist natürlich überzeugt, daß sein Zögling dergleichen
niemals unternommen hätte. „Sechs Monate vorher hätte ich es ge-
rochen“, sagt er zu dem Sklaven Micios, Syrus, der wie so viele Sklaven
der neueren Komödie der Helfer und Initiator des Unternehmens war.
Im weiteren Verlauf der Handlung muß er allerdings erfahren, daß
Ctesipho bei dem Einbruch zugegen war; allerdings wird ihm von Syrus
zunächst weisgemacht, daß dieser das Verhalten seines leichtfertigen
Bruders Aeschinus sehr mißbilligt habe, was dem alten Demea Tränen
der Freude entlockt, und später weiß Syrus sogar zu vermelden, daß
Ctesipho in einer höchst moralischen Anwandlung seinen Bruder und
dessen Geliebte nicht nur zurechtgewiesen, sondern verprügelt habe.
Später kommt Demea dann zu Ohren, daß Aeschinus auch noch ein
Bürgermädchen verführt hat, und zwar, was den geizigen Alten beson-
ders berührt, die Tochter einer armen alleinstehenden Frau namens
Sostrata, die er nun ohne Mitgift heiraten soll, weil sie ein Kind von
ihm erwartet. Dadurch gerät er noch mehr in Wut, wobei seiner Em-
pörung freilich immer ein gutes Quantum pharisäischer Selbstgerechtig-
keit beigemischt ist, denn es ist ja immer der falsch erzogene Sohn, der
dergleichen vollführt. Am Schluß erleidet allerdings sein Triumph einen
völligen Zusammenbruch, als er erfahren muß, daß sein Ctesipho es ge-
wesen ist, der die Entführung veranlaßte, der dann das Haus des Micio
bezogen hat und sich nun dort mit dem Bordellmädchen vergnügt. Das
ist für ihn mehr als nur eine moralische Niederlage, denn nun steht er
völlig einsam und verlassen da. So muß er einsehen, daß seine Erziehung
verfehlt war, und er sucht nun das Steuer herumzuwerfen, und, obwohl
es ihm schwer genug fällt, die Sympathie seiner Söhne durch Groß-
zügigkeit zurückzugewinnen. Aber es ist nur eine vorgetäuschte Groß-
zügigkeit, die wenigstens zunächst ausschließlich auf Micios Kosten
geht. Wichtiger noch als die Wiedergewinnung seiner Söhne ist ihm
die Rache an seinem Bruder: „Mit seinem eigenen Schwert will ich
ihm die Kehle abschneiden“, verkündet er wutentbrannt. Er tut das,
indem er angeblich dem Aeschinus zuliebe, der begeistert einstimmt,
seinen Bruder Micio zu den kostspieligsten Konzessionen veranlaßt,
die sich nur so überstürzen: zuerst befiehlt er, die Mauer einzu-
reißen, die das Haus des Bruders von dem des Bürgermädchens und
deren Mutter Sostrata trennt, damit so ein gemeinsames Hauswesen
entsteht. Der alte Junggeselle Micio soll aber die Mutter nicht nur in
sein Haus aufnehmen, sondern heiraten, obwohl sie nicht mehr die
Jüngste ist. Dem Vormund des Mädchens soll er ein Grundstück schen-
ken, den alten Haussklaven Syrus freilassen — zum Dank für seine Ver-
 
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