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Beierwaltes, Werner; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1978, 1. Abhandlung): Visio absoluta: Reflexion als Grundzug des göttlichen Prinzips bei Nicolaus Cusanus ; vorgetragen am 5. 11. 1977 — Heidelberg: Winter, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.45467#0025
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Visio absoluta

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und Differenz verfahrende Sprache muß deshalb konsequenterweise all
dies, was eine scheinbar reale Differenz in die Einheit setzte, unmittel-
bar negieren (infinitas sine alteritate, oder die extreme Aussage, die
unmittelbar zurückgenommen wird: alteritas in simplicitate sine alte-
ratione est38). Wenn also die immanente Explikation als 'processio’
oder 'successio’ die Einheit nicht aufheben soll, dann muß sie - para-
dox formuliert - als eine dem Satz des Widerspruchs widersprechende
'processio sine processione’ oder 'successio sine successione’39 verstan-
den werden. Dies ist die Bestimmung von 'aeternitas’, in der oder als
die die innere processio sich vollzieht, in der aber auch alles Zeithafte
oder Zeitanaloge (successio) als sie selbst ist: zeitfreies und daher
„stehendes“ Jetzt40.
Der Modus aber, durch den die in sich einige aeternitas ist, ist das
denkende, sprechende oder „sehende“ Begreifen: conceptus tuus (iden-
tisch mit 'loqui’ oder 'verbum’) est ipsa aeternitas simplicissima41. Be-
greifen, Sprechen oder Sehen im Absoluten ist gerade durch den Aus-
schluß der Differenz reines Sich-selbst-Begreifen, Sich-selbst-Ausspre-
chen oder Sich-selbst-Sehen: dieser Akt des Selbstbezuges also als Index
der Einheit: non vides aliud a te42; das absolute WORT spricht auch
nicht „wie in einem Anderen“ (ut in alio)43, es sieht sich und spricht
sich selbst aus als das non-aliud oder als das Eine und Selbe. - Auch
in dem proklischen Kontext von 'De principio’ ist die Frage nach der
Einheit verbunden mit der Frage nach dem Modus der Einheit, die
38 vis. 13; 105 v 22f. 28ff. 36ff. 15; 106 v 38.
39 10; 104 r 19f. Auch die Formulierungen 'principium sine principio’ oder 'finis
sine principio’ (o.ä.) negieren den denkbaren zeitlichen Charakter des Prinzips
(vis. 13; 106 r 22ff). Die „unzeitliche Zeit“ als Struktur der Seele verweist (als
Analogie) auf das Sein der Trinität selbst: de aequ. P II a, 17r26ff; 30ff. -
Im Sinne einer 'manuductio experimentalis’ soll der Gedanke durch die Uhr
verdeutlicht werden: als bestimmte oder zeitlich seiende repräsentiert diese die
Zeit und ist damit Anzeige und Inbild der successiven, trotz allem Anschein
irreversiblen Bewegung; als reiner Begriff (simplex conceptus) aber demonstriert
sie in eindringlicher, weil paradoxer Weise die Zeitlosigkeit. Insofern dieser
(im Begriff Gottes gründende) Begriff jede zeitliche ‘successio’ und auch die
'explicatio’ der Zeit in sich faßt, wird er - ohne Früher und Später - zum Ana-
logon der Ewigkeit selbst: . . . omne illud, quod successive evenit, non exit quo-
vismodo conceptum, sed est explicatio conceptus (vis. 11; 104 v 6f).
40 vis. 10; 104 r 22. possest 18,4ff. Vgl. Aug. de trin. II 5,9.
41 vis. 10; 104 r 12f.
42 Vgl. Anm. 27 und non aliud 23; 55,2: non aliud a se ipso vidit, so daß Gottes
Sehen dem 'non-aliud’ gleichkommt.
43 princ. 16,20.
 
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