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Beierwaltes, Werner; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1978, 1. Abhandlung): Visio absoluta: Reflexion als Grundzug des göttlichen Prinzips bei Nicolaus Cusanus ; vorgetragen am 5. 11. 1977 — Heidelberg: Winter, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.45467#0027
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Visio absoluta

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dings trotz der Einheit akzeptiert werden, die die Einheit zwar auf-
schließt, deren „Phasen“ jedoch nicht gegenseitig ausschließt; daher
auch die sprachliche Absicherung durch Negation und Paradoxie: die
trinitarische Einheit ist alteritas sine alteritate, quia est alteritas quae
identitas. Dies heißt zugleich, daß die absolute Identität oder Einheit
aufgrund ihres coincidentalen Seins jeder Andersheit und Verschieden-
heit „vorausgeht“48. Den Vollzug dieser Einheit erläutert Cusanus auch
durch die Ternäre unitas uniens - unitas unibilis - utriusque nexus (was
freilich nicht nahelegen soll, daß die Einheit erst zu erreichen wäre,
sie ist vielmehr „immer schon“ sie selbst als reine Wirklichkeit ohne
noch ausständige Möglichkeit), oder amor amans - amor amabilis -
utriusque amoris nexus49, der durchaus mit dem Denken, Begreifen,
Sehen identisch zu denken ist und in diesen gerade deren einigende
Kraft herausstellt: intellectus intelligens - intellectus intelligibilis - utri-
usque nexus50. Den heilsgeschichtlichen Gedanken, daß Christus der
Mittler zwischen Gott und Mensch sei, nimmt Cusanus zur Erläuterung
der trinitarischen Einheit auf: Christus oder das Wort ist als deus geni-
tus amabilis der absolute, d.h. einzige und zeitfreie Vermittler (abso-
lutus mediator)51 der trinitarischen Einheit. In ihm vermittelt sich der
Vater als Sohn, dieser ist die Vermittlung des Vaters. Dies heißt: die
vom „Anfang“ ausgehende einende Einheit, die Liebe, das Sehen, Den-
ken, Sprechen oder Begreifen vermittelt sich in ihm mit sich selbst.
„Dein Begriff ist der Sohn und in ihm ist (er) Alles; Deine Einung und
Dein Begriff ist Tätigkeit und hervorgehendes Wirken, in der die Tätig-
keit und die Entfaltung von Allem ist“52. Auch dadurch ist der Begriff
absolute Vermittlung, daß von ihm ein begreifendes Wirken ausgeht,
das die Verbindung eben dieses Begriffs mit seinem ihn konstituierenden
„Anfang“ stiftet, oder daß er - aufgrund der Identität beider - sich zu
einer durch Reflexion in sich relationalen Selbstidentität „vermittelt“.
Diese Verbindung ist theologisch gesagt der Heilige Geist. In ihm „ent-
48 Ebd. Z. 44. 108 v 3f: praevenit omnem alteritatem et diversitatem, quae intelligi
potest. 3; 100 r 6f: absoluta ratio, in qua omnis alteritas est unitas et omnis
diversitas identitas. vis. 13; 105 v 20: alteritas in unitate est sine alteritate.
49 17; 108 r lff. lOff.
50 18; 109 r 19f. d.i. I 10; 20,18ff. Zur Rückbindung an Raimundus Lullus: R.
Haubst, Das Bild des Einen und Dreieinen Gottes in der Welt nach Nikolaus
von Kues, Trier 1952, 73 f.
51 19; 109 r 42.
52 19; 109 v 6-8: nam conceptus tuus est filius et omnia in ipso; et unio tua et tuus
conceptus est actus et operatio exsurgens in qua est omnium actus et explicatio.
 
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