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Hommel, Hildebrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1978, 2. Abhandlung): Bocksbeutel und Aryballos: philologischer Beitrag zur Urgeschichte einer Gefäßform ; vorgetr. am 9. Juli 1977 — Heidelberg: Winter, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.45468#0017
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Bocksbeutel und Aryballos

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des Schafbocks Abschied nehmen müssen, wie denn die neue Deutung
sich überhaupt in einer sehr praktisch-nüchternen Sphäre bewegen
wird.
Da sich nach meiner Überzeugung der Beweis mit dem Material
führen läßt, das die griechisch-römische Antike bietet, von wo aus der
Analogieschluß auf den fränkischen Bocksbeutel jeweils unschwer zu
ziehen ist, so beschränke ich mich weiterhin stärker als bisher auf die
mir vertrauteren Bezirke meines eigenen Faches.
Gegen Ende des 8. vorchristlichen Jahrhunderts — also in Home-
rischer Zeit — taucht in Korinth eine Gefäßform auf, die man nach
späteren Zeugnissen Aryballoi zu nennen pflegt (über diesen Namen
haben wir noch zu reden) (Abb. 5). Das protokorinthische Gefäß dient
wiederum zur Aufbewahrung kostbaren Öls, wie dieses zum Salben der
Athleten in der Palästra und wohl auch schon zu rein kosmetischen
Zwecken verwendet wurde34. Schon deshalb hat es meist nur geringen
Umfang bis herab zu knapp 5 cm Höhe. Die Form war zunächst
kugelig, später wird vorübergehend Ei- und Birnenform bevorzugt
(Abb. 6). Seit etwa 630 herrscht wieder die Kugelform (Abb. 5) vor:
sie ist charakterisiert durch enge Mündung mit scheibenförmigem Rand
und Bandhenkel in der Höhe des Halses35. Von nun an verbreitet sich
der Typ über die ganze hellenische Welt (Abb. 7). Die meisten der zu
Tausenden erhaltenen Stücke stammen aus korinthischen Werkstätten,
sind also Exportware36. Sie tragen häufig schwarzfigurigen Dekor,
manchmal auch mit aufgemalten Inschriften. Obwohl man annehmen
darf, daß auch anderwärts solche Formen hergestellt wurden,

Mackensen, Reclams Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache 1966,
S. 69: «Hodensack eines Bockes als alter Flüssigkeitsbehälter». Aber eine Be-
gründung für diese Vermutung steht bisher aus.
34 Vgl. H. E. Angermeier, Das Alabastron . .. Diss. Gießen 1936, S. 10: seine Aus-
führungen gelten sinngemäß auch für den Aryballos. Vgl. auch das oben S. 12
über die Aidoionvasen Gesagte.
35 Aus der Fülle der Literatur nenne ich vor allem H. Payne, Necrocorinthia 1931
(hier besonders S. 6 u. 22); derselbe, Protokorinthische Vasenmalerei 1933 (deutsch,
bes. S. 10). Für unsere Zwecke genügt der Hinweis auf den wegweisenden Artikel
<Aryballos> in Pauly-Wissowa’s Real-Encyclopädie II 1896, Sp. 1495 von C.
Robert, sowie auf die knappen aber sachkundigen Ausführungen von Ingeb.
Scheibler im Lexikon der Alten Welt 1965, Artikel <Aryballos> (Sp. 340), und
<Protokorinthische Vasen> (Sp. 2458 f.) mit Abb. auf Sp. 3189, dort überall auch
weitere Literatur.
38 Ludwig Schnitzler, Griechische Vasen 1948, S. 13 mit Abb. auf S. 63. Vgl. schon
E. Buschor, Griechische Vasen 1940, S. 27 f. u. dort die Abb. 25—28.
 
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