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Hommel, Hildebrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1978, 2. Abhandlung): Bocksbeutel und Aryballos: philologischer Beitrag zur Urgeschichte einer Gefäßform ; vorgetr. am 9. Juli 1977 — Heidelberg: Winter, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.45468#0022
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Hildebrecht Hommel

weit umständlichere Prozeduren erforderte, wie sie das Handwerk
des Gerbers entwickelt hat, das im Griechischen sogar vielfach nach
dieser <Walker>-Tätigkeit bezeichnet wurde (ßuQtfoÖEiprig = Leder-
walker, neben ßuQoeug = Ledermacher, indes der Walker im engeren
Sinne dann die Spezialbezeichnung xvacpevg — zu zvdntEiv <krempeln> —
erhielt)49. Das weiche lederne numtaurov ßaXXavriov50, vielleicht längst
nicht mehr allein oder auch nur vorwiegend aus den Hoden der Tiere
hergestellt, bot sich vor allem seit der Erfindung der Münze im helle-
nischen Raum, also seit dem Ende des 7. Jhs., als Geldbeutel geradezu
an, und seine Produktion wurde vermutlich durch diese Erfindung
erheblich gesteigert. Noch bis an die Schwelle unserer Tage dauert diese
Verwendung an; heute fristet die altmodische Form wenigstens als
Tabaksbeutel mühsam noch ihr Leben51 (Abb. 12). Für diese weiche
Lederform des Beutels war der Name ßcdAavriov — gegenüber
dpußaXXog — die weit häufigere Bezeichnung, wie uns die zum Teil
schon von Pollux gesammelten Belege lehren52.
Immerhin ist auch das Etymon aQvßaXXog, wie wir uns erinnern,
durch Stesichoros und Antiphanes als <Lederbeutel> klar bezeugt,
während jene Stelle aus Aristophanes’ Rittern (1094) mit der be-
stätigenden Erklärung des Athenaios seine Verwendung im kera-

49 Über die verschiedenen Techniken des Weichmachens von Leder (Krispeln,
Schlichten etc.) s. H. Gnamm, Fachbuch für die Lederindustrie 31946, S. 394 ff.
50 Der immer wiederkehrende Terminus ist zuerst bei Platon im Symposion 190 E
7 f. ebenfalls in der stereotypen Wendung «o.veo ra ovcur. ß. (jedoch ohne Bezug
auf den agvßaXXog) belegt und kehrt ganz genau so auch bei dem Mediziner
Galen (II 424 Kühn) im 2. nachchristlichen Jh. noch einmal wieder, um die Muskel-
partien des Mundes bzw. der Lippen zu charakterisieren.
51 Angemerkt sei die makabre Variante, daß bezeugtermaßen bei dem Massaker,
das die Nordamerikaner unter den Indianern am Sand Creek 1864 anrichteten,
auch männliche Geschlechtsteile von Leichen abgeschnitten wurden, um daraus
Tabaksbeutel zu fertigen. Siehe Dee Brown, Begrabt mein Herz ... Ein Bericht.
Deutsche Ausgabe 1972, zitiert von Jochen Schmidt in der Frankfurter Allg.
Zeitung vom 21. 3. 1972.
52 Pollux a. O., meist aus der Komödie, so Eupolis fr. 23 K. (alte Komödie) in der
Form ßaXXavriÖiov, sonst als kleinere Form des papcrujutiov oder als größere des
ffuXaztaxog charakterisiert, die beide auch den Lederbeutel bezeichnen. Bei Ari-
stophanes fr. 504 K. erscheint daneben als Gefäßform die Schweinsblase (xücrtig
veia). In anderen Stellen dieses Dichters (fr. 328 u. 545,2) wird der Gebrauch des
ßaX(X)dvrtov speziell als Geldbeutel mehr oder weniger deutlich angesprochen.
Heute hat sich übrigens die Schreibung mit 2 X als die vermutlich richtigere durch-
gesetzt.
 
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