Metadaten

Hommel, Hildebrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1978, 2. Abhandlung): Bocksbeutel und Aryballos: philologischer Beitrag zur Urgeschichte einer Gefäßform ; vorgetr. am 9. Juli 1977 — Heidelberg: Winter, 1978

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.45468#0037
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Bocksbeutel und Aryballos

35

weitere entsprechende Behandlung in steife Form zu bringen. Als er
den Widderhoden zuerst sah und daneben einen korinthischen
Aryballos als Vorbild und Zielform, zweifelte er anfangs am Gelingen
im Sinne meiner These, da er dachte, es würde sich allenfalls eine
längliche Form entwickeln lassen. Aber nach der Füllung des noch vom
Gerben her feuchten Präparates mit Sand ergab sich schließlich zu
seinem eigenen Erstaunen und zu meiner großen Befriedigung ziemlich
genau die Form des korinthischen Aryballos103 (ohne den Henkel ver-
steht sich!) (Abb. 17 und 18).
Meine nächste Sorge galt nun der Lösung der Frage, warum man,
wie die Namen <Aryballos> und testiculi arietini es nahelegen,
103 Nachträglich fand ich auch bei G. Behrens, Vorgeschichtliche Tongefäße aus
Deutschland. Mainz 1922, S. 14 die Beobachtung notiert, daß ein gefüllter Haut-
beutel, «wenn er dehnbar ist, von selbst Kugelform annimmt». Wenn die antike
Entwicklung so verlaufen ist, wie unser Versuch es nahelegt, dann wird man
natürlich den Namen dpvßaXXog trotz der zur Kugel veränderten Form bei-
behalten haben (was jedoch in der Diskussion meines Vortrags Adolf Greifen-
hagen nicht für möglich zu halten schien). Später nach der Übernahme der Form
durch die Keramik hätte man ja die Möglichkeit gehabt, zur ursprünglichen
länglichen Gestalt des Hodensacks zurückzukehren. Doch hatte man sich wohl
inzwischen an die Rundform gewöhnt. Auch hat H. E. Angermeier, Das Alaba-
stron .. . 1936, S. 9 gezeigt, daß die Herstellung kleiner länglicher Gefäße aus
Ton dem Töpfer gewisse Schwierigkeiten bereitet haben muß. — Wir haben oben
S. 21 Anm. 53 gg. Ende die Form der dem Hodensack morphologisch näher
kommenden <Alabastron>-Gefäße vermutungsweise auf den natürlichen <Bocks-
beuteb zurückgeführt (Abb. 13). Und man könnte versucht sein, auch die
vorübergehende Bevorzugung der länglichen Form bei den <Aryballoi> (s. ob. S. 15
m. Abb. 6) ebenfalls aus dem Bestreben zu erklären, der ursprünglichen Natur-
gestalt des Objekts wieder näher zu kommen. Doch wäre man dabei, da diese
Formen nach unten zu schmäler werden, und nicht nach oben wie die Alabastra,
zu der Annahme gezwungen, man habe die Naturform auf den Kopf gestellt,
was jeder Wahrscheinlichkeit entbehrt. Wiederum Adolf Greifenhagen, für dessen
kritische Einwände ich dankbar bin, hat — meines Erachtens freilich unberechtig-
terweise — postuliert, bei der Richtigkeit meiner These müßte die Keramikform
des sog. korinthischen <Aryballos> (dessen Benennung er überdies nicht für
gesichert hält) die faltige Einschnürung oben am Hals erkennen lassen, wie sie
durch die Erzielung einer relativ kleinen Gefäßöffnung beim gegerbten Natur-
produkt entsteht, und wie sie unsere Versuchsobjekte deutlich erkennen lassen
(Abb. 18 u. 20). So wenig man den Sinn einer solchen Detailnachahmung bei der
keramischen Form einsehen wird, so hat doch nach der Diskussion in der Heidel-
berger Akademie Dieter Puppe gesprächsweise darauf hingewiesen, daß ja die
Bemalung zahlreicher <Aryballoi> — wie auch vieler <Alabastra> — s. die Abb. 5 f.
u. 13) durch Anbringung von Palmblatt-Ornamenten rings um den Gefäßhals
eine solche Fältelung vielleicht habe andeuten wollen.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften