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Tilemann Grimm
oder Japanischen, gingen die Japaner schon nach Deutschland, um aus
dem Original zu schöpfen. Interessanterweise hat in China viel mehr
der historische Materialismus eingeschlagen, und von den sog. „Klassi-
kern“ eher Lenin als Marx. Das ist wiederum nur historisch zu begrün-
den. In Ai Si-qi (1905—66) ist ein Marxist von philosophischem Rang
hervorgetreten, der jedoch bald mit Mao Ze-dong in Konflikt geriet
und schon in den fünfziger Jahren von der Bildfläche verschwand. Seit
den Kriegsjahren, 1939-1944, ist von Mao’s Hand ein Kompendium
von theoretischen Schriften publiziert worden, das den Marxismus-Le-
ninismus zu „sinisieren“ trachtete. Ein Urteil, ob und wie weit das ge-
lungen ist, steht noch aus. Westliche Autoren haben das zum guten Teil
bejaht. In der Sowjetunion gilt Mao als Un-Philosoph. Wie die Chine-
sen selber das sehen, wird abzuwarten sein.
Es ließ sich in der dritten Anmerkung nur stichwortartig die Rezep-
tionsproblematik ansprechen. Es gäbe manches zu sagen zu Kropotkins
Einfluß, zur Wirkung Schopenhauers und Nietzsches. Und wir werden
erst recht nicht die Hauptströmungen der neuen chinesischen Philoso-
phie hervorkehren können, es genüge nur zu sagen, daß der Neo-Kon-
fuzianismus in zwei Schulen noch aktiv ist, die Philosophen leben meist
außerhalb der Volksrepublik, in Taiwan, in Hongkong, in den USA,
aber auch in der Volksrepublik sind einige ihrer Namen noch geläufig.
Von Japan scheinen keinerlei neue Wirkungen auf China auszugehen.
Aber die Chinesen haben es sich vorgenommen, die Philosophien der
Welt zu studieren und sich mit ihrem alten und ihrem neuen Erbe, dem
Marxismus-Leninismus, daran zu messen. Es ist vorauszusehen, daß
hier Hegel eine wichtige Rolle spielen wird.
Tilemann Grimm
oder Japanischen, gingen die Japaner schon nach Deutschland, um aus
dem Original zu schöpfen. Interessanterweise hat in China viel mehr
der historische Materialismus eingeschlagen, und von den sog. „Klassi-
kern“ eher Lenin als Marx. Das ist wiederum nur historisch zu begrün-
den. In Ai Si-qi (1905—66) ist ein Marxist von philosophischem Rang
hervorgetreten, der jedoch bald mit Mao Ze-dong in Konflikt geriet
und schon in den fünfziger Jahren von der Bildfläche verschwand. Seit
den Kriegsjahren, 1939-1944, ist von Mao’s Hand ein Kompendium
von theoretischen Schriften publiziert worden, das den Marxismus-Le-
ninismus zu „sinisieren“ trachtete. Ein Urteil, ob und wie weit das ge-
lungen ist, steht noch aus. Westliche Autoren haben das zum guten Teil
bejaht. In der Sowjetunion gilt Mao als Un-Philosoph. Wie die Chine-
sen selber das sehen, wird abzuwarten sein.
Es ließ sich in der dritten Anmerkung nur stichwortartig die Rezep-
tionsproblematik ansprechen. Es gäbe manches zu sagen zu Kropotkins
Einfluß, zur Wirkung Schopenhauers und Nietzsches. Und wir werden
erst recht nicht die Hauptströmungen der neuen chinesischen Philoso-
phie hervorkehren können, es genüge nur zu sagen, daß der Neo-Kon-
fuzianismus in zwei Schulen noch aktiv ist, die Philosophen leben meist
außerhalb der Volksrepublik, in Taiwan, in Hongkong, in den USA,
aber auch in der Volksrepublik sind einige ihrer Namen noch geläufig.
Von Japan scheinen keinerlei neue Wirkungen auf China auszugehen.
Aber die Chinesen haben es sich vorgenommen, die Philosophien der
Welt zu studieren und sich mit ihrem alten und ihrem neuen Erbe, dem
Marxismus-Leninismus, daran zu messen. Es ist vorauszusehen, daß
hier Hegel eine wichtige Rolle spielen wird.