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Hommel, Hildebrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1981, 9. Abhandlung): Antike Spuren im Tübinger Wappen: zur Frage der Verwertung und Umdeutung numismatischer Motive ; vorgelegt am 13. Juni 1981 — Heidelberg: Winter, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.47802#0025
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Antike Spuren im Tübinger Wappen

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es auch auf die Provinz Auvergne überging47 (Abb. 18 rechts), ist bis
heute ungeklärt48.
Auch muß es im Fall der Richtigkeit meiner Hypothese einstweilen
offenbleiben, wer als erster jene Münze von Kroton zum Vorbild für
die Ausgestaltung seines Fahnenwappen-Emblems benützt hat. Gele-
genheit dazu gab es genug, ohne daß wir einen bestimmten Namen
nennen können49. Aber daß es überhaupt geschah, dafür spricht doch
der Umstand, daß nur so und zwar mit einem Schlag die merkwürdigen
Eigenheiten des Wappenbildes erklärt werden können: nämlich die
drei Ringe oben50, die Fransen an den Enden der dreiteiligen Fahne,
und die auffallende Senkrechtstellung in Form eines Banners, was zu
der falschen Kennzeichnung 'Kirchenfahne’ geführt hat.
*
47 M. De Tupigny et Rob. Louis, Les Armoiries des Provinces Franpaises 1951,
Taf. VI.
48 Daß ein Graf Jean de Boulogne aus dem Haus Auvergne 1350/51 mit der fran-
zösischen Grafschaft Montfort-l’Amaury (westl. v. Paris) belehnt wurde, hat da und
dort Verwirrung gestiftet. Jedoch ist eine Verwandtschaft der Grafen von Auvergne
mit den französischen Grafen von Montfort, die übrigens einen Löwen im Wappen
führten, nicht nachweisbar. Erst recht nicht irgendeine Beziehung zwischen den
Tübinger bzw. Vorarlberger Montforts mit dem französischen Grafengeschlecht
gleichen Namens. Da aber Ringe und Fransen in dem auch sonst mit dem Tübin-
ger identischen Auvergner Wappen schon um 1200 auftreten, so müssen doch wohl
bereits im 12. Jh. Beziehungen wenigstens zwischen den Tübingern und den
Grafen von Auvergne bestanden haben, die uns einstweilen nicht greifbar sind.
Dagegen darf der Name Montfort für feste Burgen in Vorarlberg (wonach sich dann
die Bregenzer Linie der Tübinger Grafen nannte), einem Land mit starkem räto-
romanischem Einschlag, nicht verwundern (vgl. dazu B. Bilgeri aO. 1, S. 149 u.
151 mit Anm. 33 auf S. 326f.).
49 Über die Teilnahme verschiedener Tübinger (Pfalz-)Grafen an Italienzügen im
Gefolge des Kaisers Friedrich Barbarossa in den Jahren 1154ff., 1158-62 und
1167 siehe L. Schmid aO. (ob. Anm. 35), S. 63f. und 66.
50 Nur nebenbei möchte ich auf einen weiteren Fall hinweisen, wo sich auf einer
spätantiken Münze eine vergleichbare Darstellung findet, die im einzelnen freilich
noch rätselhaft bleibt: ein bestimmter byzantinischer Typ von Omajadenmünzen
aus dem syrischen Emesa des 7. Jhs. weist auf der Rückseite statt des normalen
Zahlzeichens M die gelegentlich auch sonst auf byzantinischen Münzen vorkom-
mende Minuskelform m auf und darüber statt des christlichen Kreuzes einen
Stern, dem zwei Ringe zur Seite stehen (Abb. 20). Im ganzen bietet sich also
damit ebenfalls ein Bild, das der Incusenprägung von Kroton nicht unähnlich ist.
Wenn die Ringe gelegentlich in der Mitte einen Punkt tragen, so findet sich diese
Variante auch bereits auf den Münzen von Kroton. Man könnte also versucht sein
anzunehmen, auch hier habe dieses antike Münzbild von fern eingewirkt. Natür-
 
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