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Hommel, Hildebrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1981, 9. Abhandlung): Antike Spuren im Tübinger Wappen: zur Frage der Verwertung und Umdeutung numismatischer Motive ; vorgelegt am 13. Juni 1981 — Heidelberg: Winter, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.47802#0026
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Hildebrecht Hommel

Zum Schluß darf noch eines Kuriosums gedacht werden, das bis
heute Verwirrung stiftet, sofern es überhaupt beachtet und im Zusam-
menhang gesehen wird. Die Tübinger Grafen haben spätestens in der
Mitte des 12. Jhs., vermutlich schon seit der Belehnung mit der Pfalz-
grafenschaft, einen eigenen Silberpfennig neuen Typs geprägt51 (Abb.
21). Er zeigt auf der Vorderseite „eine symbolische Stadtdarstellung“52,
mit drei Türmen und einem perspektivisch als Rhombus gezeichneten
Innenbezirk, nicht etwa „eine dreitürmige Burg“, wie man bis heute
lieh kann man hierbei an bloßen Zufall denken wollen, wie er jedoch für das
Tübinger Wappenbild mit einiger Sicherheit auszuschließen ist. Zu der Omajaden-
münze vgl. John Walker, A Catalogue of the Arab-Byzantine and Post-Reform
Umajyad Coins 1956, S. 20f., No. 66ff. und die Abbildungen auf Taf. V. Auf-
fallend ist auch die Legende beider Seiten: vorne KAAON und auf arabisch (in
kufischer Schrift) 'in Emesa’, hinten EMICHC und arabisch 'güt’, was Walker je-
weils kombiniert zu „good in Emesa“ (!), während mich ein besonderer Kenner
dieser Materie, Gernot Rotter in Tübingen, belehrt, daß die beiden Elemente
jeweils getrennt zu verstehen seien: xaXöv (und das arabische Äquivalent) soll
bedeuten: diese Münze ist 'gut’ und richtig und echt; ’Epioric; heißt dann, mit
dem geläufigen Genitiv (aber dem Stadtnamen statt des sonst in der Antike ge-
bräuchlichen ’E|i£OT]va>v o. ä.), daß es sich um eine Prägung von Emesa handelt.
Originell bleibt freilich die kreuzweise angeordnete Verteilung der Legenden in
den beiden Sprachen.
51 Darüber zuletzt Elisabeth Nau, Der Tübinger Pfennig. In: Katalog der Stuttgarter
Stauferausstellung 1977, Bd. I S. 172 mit weiterer Literatur und mit den Ab-
bildungen in Bd. II 121, 20 und 21. Dieselbe Verfasserin hat in der Zeitschrift für
Württ. Landesgesch. 12. 1953, S. 204f. auf den Spuren von G. Schöttle festgestellt,
daß sich der Tübinger Pfennig „mit erstaunlicher Zähigkeit“ bis etwa 1330 erhalten
hat, wo dann die beiden Sonderwährungen von Rottweil und Tübingen zugunsten
des beherrschenden Silberpfennigs der Reichsmünze Schwäbisch Hall, des soge-
nannten Hellers (von 'Häher5) verschwanden. Sie hat das Verdienst, weiterführend
zur Geschichte des Tübinger Pfennigs beigetragen zu haben, der als solcher erst-
mals von G. Schöttle in zwei bahnbrechenden Arbeiten 1909/10 (aO., s. ob. Anm. 29)
und 1911 (Jahrbuch des Numismatischen Vereins zu Dresden 1911, S. 18-60) erkannt
worden war. Elisabeth Nau hat außerdem in einem weiteren Aufsatz (Tübinger
Pfennige ... In: Blätter für Münzfreunde und Münzforschung 78, 1954, S. 145ff.)
versucht, den Bestand zweier Münzfunde bereits aus dem 11. Jh. ebenfalls der
Tübinger Prägestätte zuzuweisen, was neue Forschung jedoch - zugunsten Ulms -
nicht bestätigt hat (s. zuletzt U. Klein in: Schweizer Numismatische Rundschau
56. 1977, S. 252). Dagegen handelt die Verf. aO., S. 161 knapp und klar über die
Bedeutung des Haller Reichspfennigs, der die Tübinger Münze schließlich ver-
drängt hat.
52 So richtig Elis. Nau aO. (1953), wovon sie jedoch alsbald abgegangen ist (s. die
nächste Anm.). G. Schöttle a.O. (1910/11), S. 37 hatte bereits die richtige
Diagnose gestellt: „Andeutung einer ummauerten Stadt, d. h. Tübingens“; davon
hätte man nicht wieder abweichen sollen.
 
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