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Hommel, Hildebrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1981, 9. Abhandlung): Antike Spuren im Tübinger Wappen: zur Frage der Verwertung und Umdeutung numismatischer Motive ; vorgelegt am 13. Juni 1981 — Heidelberg: Winter, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.47802#0030
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28

Hildebrecht Hommel

b) Ein Tübinger Pfalzgraf gelangt in den Besitz einer Incusen-
münze von Kroton und deutet ihr Bild, eine Dreifußdarstellung,
als senkrecht an drei Ringen hängende 'Pfalzgrafenfahne’, deren
drei Lätze in Fransen auslaufen. Er verwendet die konkav geprägte
Rückseite dieser Münze als Siegelstempel, der künftig wiederholt
ähnlich nachgeschnitten wird. Von da gehen jene Merkmale auch
ins Tübinger und in zahlreiche andere Wappen ein.
c) Der Zeichner der Vorderseitendarstellung auf dem Tübinger
Pfennig stellt das Siegelbild auf den Kopf und kombiniert es
mit dem Bild einer Stadtanlage, das demgemäß auch die drei
Ringe mit übernimmt.
Da das Aufkommen dieses Tübinger Münztyps kaum später als in
die Mitte des 12. Jhs. gesetzt werden kann62, müssen die hier skizzier-
ten drei Stadien a, b und c zeitlich nah aufeinander gefolgt sein63.
Aber wie dies im einzelnen auch zugegangen sein mag, wir stellen
abschließend fest: die drei Ringe des Tübinger Wappens finden letzt-
lich, genau so wie die Fahnenlatzfransen und die Senkrechtstellung der
Fahne, eine sinnvolle Erklärung nur, wenn man sie als Übernahme
eines mißverstandenen antiken Münzbilds faßt. Dies fügt sich aufs
beste in die Reihe ähnlicher Beispiele ein, auf die ich eingangs den
Blick gelenkt habe. Für sie alle gälte dann, und zwar in ganz besonders
prägnantem Sinn, das Goethewort von der 'geprägten Form; die
lebend sich entwickelt’.

62 „mindestens auf die ersten Jahrzehnte der Regierung von Friedrich Barbarossa“
(das wäre also um 1160) schließt Schöttle aO. (1910/11), S. 20. Die für uns
früheste Erwähnung des Tübinger Pfennigs findet sich „im Schenkungsbuch des
Klosters Reichenbach um die Mitte des 12. Jh.“ so E. Nau aO. 1977 (ob.
Anm. 51), S. 172.
63 Also a) um oder kurz vor 1140 (s. ob. S. 15 m. Anm. 27), b) wohl Ende der 50er Jahre
(s. ob. Anm. 49), c) um 1160 (s. die vorige Anm.).

Dankbar verpflichtet fühle ich mich den freundlichen Beratern und Helfern, die mich
vor allem auch auf abgelegene Literatur hingewiesen haben: H. E. Brenner f,
Birgit Hommel, G. Kiefner, D. Mannsperger, G. Rotter in Tübingen; W. Liesching
in Friedrichshafen; W. W. Müller in Marburg, H. Navratil in Pappenheim. Ausdrück-
lich seine Hilfe versagt hat, vertreten durch seinen Leiter, das Stadtarchiv in Tübingen.
 
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