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Hengel, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1982, 1. Abhandlung): Achilleus in Jerusalem: eine spätantike Messingkanne mit Achilleus-Darstellungen aus Jerusalem ; vorgelegt am 28. November 1981 — Heidelberg: Winter, 1982

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https://doi.org/10.11588/diglit.47804#0035
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Achilleus in Jerusalem

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dem halbgebückt sich nähernden Priamos, mit Mantel und Mütze
vor dem mit freiem Oberkörper thronenden Achilleus, findet sich
auf einem in mehreren Exemplaren erhaltenen Terrakotta-Halb-
relief aus der Zeit von 360-390 n. Chr. Freilich tritt hier Priamos
von links heran, und Achilleus sitzt in der Mitte, auf seinen Speer
gestützt, den Körper der rechts von ihm stehenden Briseis zuge-
wandt, zugleich blickt er nach links auf Priamos. Im Vergleich damit
erhält die Szene der Jerusalemer Kanne durch das Waage-Motiv als
Mittelpunkt mehr innere Spannung37 (s. A. 32a).
In der Ilias wird Priamos von einem Gehilfen, Idaios, begleitet
(24, 470. 474 ff.). Zwei Genossen des Achilleus bringen ihn und die
Schätze ins Zelt des Peliden. Ein älteres kunstvoll ausgearbeitetes
Stuckrelief aus Rom schildert die Szene ähnlich, doch ohne Briseis,
dafür wird Priamos, der in einem Wagen seine Schätze herbeiführt,
von zwei Trojern begleitet, während Achilleus von zwei bewaff-
neten Myrmidonen flankiert wird37a (s. A. 32b). Auf der Jerusa-
lemer Kanne legt dagegen der trojanische König selbst das Gold auf
die Waage. Wohl um der Einheit der Gesamtkomposition willen
wird Priamos von Hekabe und Andromache (oder Polyxene) beglei-
tet, die auch schon auf der andern Seite bei der Teichoskopie
erscheinen. Der Zusammenhang der drei Gestalten gab den ersten
Anstoß zur Identifizierung der Darstellungen auf der Kanne.
Auch die beiden Begleiterinnen des Herrschers sind wieder ein-
zigartig, und im Grunde ohne eindeutige Parallele. Nur auf einem
schwarzfigurigen attischen Lekythos folgen Priamos zwei Frauen,
die Hekabe und Andromache darstellen könnten38, auf dem Sarko-
phag von Woburn-Abbey (s. A. 29), der ja auch die Wägung
darstellt, erscheint eine sitzende Andromache, deren Sohn - wie in
37 Kossatz-Deißmann, LIMC I s. v. Achilleus vgl. z. B. Nr. 669. 671. 674-676. 679.
685-687. 690. 698. 705. 706. Zu den Terrakottaplatten s. J. Garbsch op. cit. -
Nr. 716, sie sind häufig von einem Achilleus-Zyklus umrahmt; vgl. auch J. W.
Salomonson, Late-Roman Earthenware with Relief Decoration . . ., in: Oud-
heidkundige Medelelingen uit het Rijksmuseum van oudheden te Leiden, 43
(1962), 74-81. 77 fig. 6 PI. XXIV-XVIII. Eine ältere Vorform erscheint auf
„homerischen Bechern“ s. U. Sinn (Anm. 9) MB 23-26: Priamos rechts kniend
vor dem links mit Speer in der Linken thronenden Achilleus.
37a Zum Stuckrelief aus dem Pancratiergrab S. LIMC Nr. 676: 160/170 n. Chr.
38 Op. cit. Nr. 643 s. auch LIMC II s. v. Briseis Nr. 21 = K. Bulas, Les illustra-
tions antiques de l’Iliade, Lwow, 1929, Abb. 14 (um 500 v. Chr.). Hinter Achilleus
steht mit erhobenen Armen Briseis. Nr. 645; Eine Frau, die als Zeichen der
Trauer den Mantel über den Kopf gezogen hat, könnte Hekabe oder Briseis sein.
 
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