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Hengel, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1982, 1. Abhandlung): Achilleus in Jerusalem: eine spätantike Messingkanne mit Achilleus-Darstellungen aus Jerusalem ; vorgelegt am 28. November 1981 — Heidelberg: Winter, 1982

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https://doi.org/10.11588/diglit.47804#0036
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Martin Hengel

der Iliupersis berichtet - von Odysseus weggeführt wird, und auf
einem verschollenen Sarkophagfragment begegnen uns neben
Priamos noch möglicherweise Andromache, Astyanax und He-
kabe39. In der späteren Ausgestaltung der Sage bei Diktys Cretensis,
Ptolemaios Chennos und Malalas werden Priamos und seine
Schwiegertochter Andromache von deren beiden Söhnen Astyanax
und Laomedon sowie der Priamostochter Polyxene begleitet, wobei
Polyxene, die Achilleus hier kennenlernte und in die er sich ver-
liebte, im weiteren Verlauf der Entwicklung der Ilias-Tradition be-
sondere Bedeutung zukam. Nach einem jüngst entdeckten Homer-
scholion des Tzetzes geht dieses Motiv bereits auf das Drama
"ExTopo«; Auxpa des Tyrannen Dionysios I. von Syrakus zurück, das
bei den Lenäen 367 v. Chr. in Athen den Sieg errang. Aufgrund
dieser Ausmalung der Polyxenesage seit der hellenistischen Zeit (s.
auch S. 18f. Anm. 15) neigt der Verfasser dazu, in der jungen Frau
eher die Priamostochter Polyxene als Andromache zu sehen40. Zu
ihren nach oben gebogenen Haarflechten, dem Reif am Oberarm
und am Handgelenk, dem hochgeschürzten Gewand und der
entblößten rechten Schulter, ja bis hin zu den Gesichtszügen
haben wir eine erstaunliche Parallele in einer Silberschale der
Ermitage, die eine Mänade darstellt, die eine Schlange füttert. Sie
ist vermutlich kleinasiatischer Herkunft und wird in das 6. Jh.
datiert (s. A. 33 u. vgl. A. 39)41.
Der Erwähnung wert ist schließlich die eigenartige Armhaltung
der jungen Frau mit eingeschlagenem Unterarm, wobei die Hand
unter das Kinn gebogen ist und der Zeigefinger fast den Mund
39 Op. cit. Nr. 706 und 708.
40 A. Chatzis, Der Philosoph und Grammatiker Ptolemaios Chennos, Erster Teil.
Einleitung und Text, 1914, VI, 4, S. 39. Andromache und ihre Söhne; Diktys
Cretensis 3, 20-27, ed. W. Eisenhut BT 1958, S. 74-81; FGrHist 49 F 6, 5 (= Joh.
Sikeliota Chron. u. Johann. Antioch.); Malalas V S. 122 f. (Dindorf) = Sisyphos
v. Kos FGrHist 50 F 1, 5f.; Joh. Tzetzes, Homerica, 315-406 (F. lacobs 1793,
S. 82 f.). Vgl. auch Script, rer. myth. lat. ed. Bode (o. Anm. 26) II § 205, S. 143:
Polyxene überläßt dem Priamos bzw. Achilleus ihr Geschmeide, damit der
Leichnam ihres Bruders abgewogen werden kann. Den Hinweis auf Dionysios
verdanke ich R. Kannicht, s. dazu W. Bühler ZPE 11 (1973) 69-79 und zu-
stimmend Tragicorum Graecorum Fragmenta Bd. I ed. B. Snell, 1971, Nr. 76
T 3; Bd. II ed. R. Kannicht/B. Snell, 1981, S. 328 F 2b: certe Andromache . . .
fortasse etiam Polyxena. Vgl. auch M. C. von Kolf, Art. Priamos PW XXII, 2
(1954), Sp. 1870, und E. Wüst, Art. Polyxena PW XXI, 2 (1952), Sp. 1840 ff.
41 L. Matzulewitsch, op. cit. (Anm. 63) 58 ff. T. 33-34; A. Effenberger u. a., op. cit.
(Anm. 65) 120ff., Nr. 14 u. T. 13. Vgl. o. Anm. 72 den Eimer v. Conpesti.
 
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