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Bohnert, Joachim; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1982, 2. Abhandlung): Paul Johann Anselm Feuerbach und der Bestimmtheitsgrundsatz im Strafrecht — Heidelberg: Winter, 1982

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https://doi.org/10.11588/diglit.47805#0009
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P. J. Feuerbach und der Bestimmtheitsgrundsatz im Strafrecht

7

Aber im Gegensatz zu den anderen wurde ihm das Glück, seine
Gedanken im Bayerischen StGB von 1813 auch ins Werk setzen6
und zeigen zu können, daß das Gedachte, was er „die Philosophie“
nannte, sich mit der Empirie verständigen würde, wenn man es nur
recht anfange7.
Die Stellung seiner Theorie war vordem nicht die beste. Feuerbach
hatte in mehreren Schriften8, insbesondere in seinem zweibändigen
Hauptwerk „Revision der Grundsätze und Grundbegriffe des positiven
peinlichen Rechts“ von 1799/18009 den Beweis angetreten, daß ohne
Bestimmtheit in Tatbestand und Rechtsfolge ein Strafgesetz gar kein
Gesetz genannt werden könne. Und doch wollte er keinesfalls der
philosophischen Theorie so viel Gewalt über die Rechtswissenschaft
einräumen, um ein bloß gedachtes und der Theorie gehorchendes
Recht aufzustellen, das wirklich geltende dagegen außerhalb zu las-

„nulla poena sine lege“-Satzes: H. L. Schreiber, Gesetz und Richter, 1976,
S. 1-102. Zum „Tübinger Vertrag“: Maunz-Dürig-Herzog, Art. 103, FN 1 zu
RdNr. 103.
Gustav Hugo hatte in der Bestimmtheitsfrage Feuerbach getadelt (Rezension von
Feuerbachs „Juridische Untersuchung über das Verbrechen des Hochverrats“,
1798; wieder abgedruckt in: Hugo, Beiträge zur zivilistischen Bücherkenntnis I,
1828, S. 534). Vgl. dazu Feuerbachs Replik in Revision I, S. XIV/XV; ausführ-
licher hatte Feuerbach im Intelligenzblatt der Allgemeinen Literaturzeitung
v. 13. 4. 1799 Sp. 384 geantwortet. Dazu: Radbruch, P. J. A. Feuerbach. Ein
Juristenleben. 3. Aull. hg. von E. Wolf, 1969, S. 40.
6 Feuerbach, Biographischer Nachlaß, hg. von Ludwig Feuerbach, 2. Aufl. 1853,
Neudr. Aalen 1973, Band I S. 104 (Brief an den Vater vom April 1805): „Auf
jeder anderen Universität wäre ich auf das Dociren vom Katheder herab be-
schränkt; in Bayern kann ich zugleich meine Ideen in das Reich der Wirklich-
keit einführen und durch das entschiedene Vertrauen, dessen mich meine Regie-
rung würdigt, unendlich viel Gutes wirken.“
7 Landsberg, Geschichte der deutschen Rechtswissenschaft, Band III 2, 1910,
S. 128/129.
8 Anti-Hobbes oder über die Grenzen der höchsten Gewalt und das Zwangsrecht
der Bürger gegen den Oberherm, 1797, Neudr. Darmstadt 1967, S. 201f.; Über
die Strafe als Sicherungsmittel vor künftigen Beleidigungen des Verbrechers.
Nebst einer näheren Prüfung der Kleinschen Strafrechtstheorie, 1800, Neudr.
Darmstadt 1970, S. 61f.; Über Philosophie und Empirie in ihrem Verhältnis zur
positiven Rechtswissenschaft. Eine Antrittsrede, 1804, hg. von K. Lüderssen,
Theorie der Erfahrung in der Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts, Frankfurt
1968, S. 66f.; Geist des Strafgesetzbuchs von 1813, in: Biographischer Nachlaß
(o. Anm. 6) I S. 215f.
9 o. Anm. 4.
 
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