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Bohnert, Joachim; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1982, 2. Abhandlung): Paul Johann Anselm Feuerbach und der Bestimmtheitsgrundsatz im Strafrecht — Heidelberg: Winter, 1982

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https://doi.org/10.11588/diglit.47805#0024
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Joachim Bohnert

perativ leitete als das einzig wahrhaft Eingesehene Kants gesamte
praktische Philosophie. Und er mochte noch so pünktlich die Meta-
physik der Sitten in Rechtslehre und Tugendlehre einteilen, sie blieb
doch am Ende Metaphysik und gehorchte in ihren beiden Teilen
dem Oberbegriff der Pflicht. Dieser wiederum bezog sich auf das
Postulat der Freiheit als dem Vermögen, dem Sittengesetz anstatt
den Antrieben der Sinnlichkeit zu folgen. Also stand auch die Aus-
einandersetzung Kants mit dem menschlich gesetzten Recht unter
dem Vorrang der Sittlichkeit, wie sie als Metaphysik der Sitten, d. h.
als ein System von Sätzen a priori, auch gar nicht anders möglich war.
Diese Voraussetzung brachte für Kant das gesetzte Recht in Ab-
hängigkeit zum moralischen Pflichtbegriff62, in jene Abhängigkeit,
die etwa seine Lehre vom Widerstandsrecht schließlich so zweideutig
machte. Und diese Abhängigkeit aufzubrechen, war Feuerbachs Ab-
sicht und Anliegen. Er befürchtete von der Beimengung der Moral
in das Recht dessen Verlust an Bestimmtheit.
Leuchtet diese Absicht auch ein, so war doch die Art und Weise,
wie sich Feuerbach von Kant ablöste, nicht eben wohlgefugt. Ich
hatte schon ausgeführt, daß Feuerbach für die innere Begründung
seiner Straftheorie den Determinismus der äußeren, strafrechtsrele-
vanten Handlung brauchte. Andererseits konnte er sich der Kanti-
schen Einsicht nicht verschließen, daß die Idee einer vollständigen
Determination alles Vorkommenden von der theoretischen Vernunft
ebensowenig erwiesen werden konnte wie die Existenz der Freiheit
als deren Gegenteil63.
Feuerbach schreibt folgendermaßen:64
„Inwiefern der Mensch ein Gegenstand der Erfahrung, ein Objekt
unseres Verstandes und unserer theoretischen Nachforschung ist
(und nur insofeme kommt er dem Richter und Gesetzgeber in Be-
tracht), insofeme ... müssen wir ihn immer als Naturwesen betrach-
ten, mithin als ein Wesen, das dem unabänderlichen Naturgesetze
von Ursache und Wirkung unterworfen ist, auf welches daher die
Natur einwirkt, und dessen Handlungen ebenso gewiß, wie alle ande-
ren Erscheinungen, als Wirkung auf vorhergehende Naturursachen
bezogen werden müssen.“
62 Eb. Schmidt (o. Anm. 11), S. 234.
63 Revision II S. 98, 99, 102.
64 Revision I S. 319/320; ähnlich S. XXI, XXIII.
 
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