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Harald von Petrikovits
selten auf. Im Jahr 430 mußte Aetius als Magister utriusque militiae
in Norikum und Vindelizien gegen die mit den Alamannen eng ver-
bündeten Juthungen kämpfen. Auch zur Zeit Severins gab es einen
kleineren Alamanneneinfall eines Anführers Gibuldus. Bezeichnend
ist ein alamannischer Beutezug, der in der Vita sti Severini erwähnt
wird; er ließ die militärisch gehaltenen Kastelle unbehelligt und plün-
derte nur im Hinterland (25,3). Die Rugier hielten sich im großen
und ganzen an das mit den Römern geschlossene foedus. Auch Odo-
vakar gegenüber verhielten sie sich zunächst loyal. Erst als der ost-
römische Kaiser Zenon ihnen den Vorschlag machte, sich in Italien
niederzulassen, um Odovakar zu schaden, wurde das gute Verhältnis
gestört. Odovakar zerschlug die Intrige durch einen erfolgreichen Feld-
zug gegen die Rugier im Jahr 487, dem ein weiterer Feldzug seines
Bruders 488 folgte. Die Rugier verließen ihr Land, als die Ostgoten
unter Theoderich nach Italien zogen, und wirkten bei der Inthronisa-
tion Theoderichs mit.17 Ihr bisheriges Land besetzten die Lango-
barden. Sie blieben hier 10 Jahre. Die meisten Bewohner des östlichen
Ufemorikums erlebten allerdings diese Zeit nicht mehr in ihrer Hei-
mat, weil sie auf Anordnung Odoakars nach Italien übersiedelten.
Dabei nahmen sie den Leichnam Severins in ihre neue Heimat mit
(488). Spuren einer weiteren freiwilligen oder unfreiwilligen Umsied-
lung von Norikern in das Eisackgebiet scheinen sich aus der mittel-
alterlichen Bezeichnung eines Nurih-Gaues zu ergeben.18
Noricum ripense hatte also nur eine einzige Front, die an der
Donau, die trotz zahlreicher Beutezüge bei weitem nicht so gefährdet
war wie die zwei Grenzen Pannoniens. Es ist darum auch nicht auf-
fallend, daß die Siedlungen Ufemorikums sich wenigstens im 5. Jahrh.
noch - allerdings in gemindertem Umfang und verarmt - weitgehend
hielten. Jedenfalls hatte die Hauptstadt der Provinz, Lauriacum
(Enns), während dieses Jahrhunderts Bestand.19 In der Vita sti Seve-
17 Ich sehe nicht ein, warum die in der karolingischen Raffelstädter Zollordnung in
Oberösterreich genannten Rugier nicht ein Rest gewesen sein sollen, der nicht
mit den anderen Landsleuten nach Italien gezogen ist und der sich westlich der
Enns eine neue Heimstatt gesucht hat. MGH LL Capit. 114 Nr. 253 (bes. S. 251).
E. Zöllner, MIÖG 60, 1952, 108-119.
18 H.-D. Kahl, in: Wolfram-Daim, Völker 77.
19 Grabungsberichte in den von H. Vetters u.a. herausgegebenen 'Forschungen in
Lauriacum' Bd. 1,2,6/7. Ders., Lauriacum, in: ANRW II 6 (Berlin 1977) 378 mit
Zitaten. Vgl. A. Kloiber, Die Gräberfelder von Lauriacum. Das Ziegelfeld (= Forsch,
in Lauriacum 4/5, Linz 1957) 168-174.
Harald von Petrikovits
selten auf. Im Jahr 430 mußte Aetius als Magister utriusque militiae
in Norikum und Vindelizien gegen die mit den Alamannen eng ver-
bündeten Juthungen kämpfen. Auch zur Zeit Severins gab es einen
kleineren Alamanneneinfall eines Anführers Gibuldus. Bezeichnend
ist ein alamannischer Beutezug, der in der Vita sti Severini erwähnt
wird; er ließ die militärisch gehaltenen Kastelle unbehelligt und plün-
derte nur im Hinterland (25,3). Die Rugier hielten sich im großen
und ganzen an das mit den Römern geschlossene foedus. Auch Odo-
vakar gegenüber verhielten sie sich zunächst loyal. Erst als der ost-
römische Kaiser Zenon ihnen den Vorschlag machte, sich in Italien
niederzulassen, um Odovakar zu schaden, wurde das gute Verhältnis
gestört. Odovakar zerschlug die Intrige durch einen erfolgreichen Feld-
zug gegen die Rugier im Jahr 487, dem ein weiterer Feldzug seines
Bruders 488 folgte. Die Rugier verließen ihr Land, als die Ostgoten
unter Theoderich nach Italien zogen, und wirkten bei der Inthronisa-
tion Theoderichs mit.17 Ihr bisheriges Land besetzten die Lango-
barden. Sie blieben hier 10 Jahre. Die meisten Bewohner des östlichen
Ufemorikums erlebten allerdings diese Zeit nicht mehr in ihrer Hei-
mat, weil sie auf Anordnung Odoakars nach Italien übersiedelten.
Dabei nahmen sie den Leichnam Severins in ihre neue Heimat mit
(488). Spuren einer weiteren freiwilligen oder unfreiwilligen Umsied-
lung von Norikern in das Eisackgebiet scheinen sich aus der mittel-
alterlichen Bezeichnung eines Nurih-Gaues zu ergeben.18
Noricum ripense hatte also nur eine einzige Front, die an der
Donau, die trotz zahlreicher Beutezüge bei weitem nicht so gefährdet
war wie die zwei Grenzen Pannoniens. Es ist darum auch nicht auf-
fallend, daß die Siedlungen Ufemorikums sich wenigstens im 5. Jahrh.
noch - allerdings in gemindertem Umfang und verarmt - weitgehend
hielten. Jedenfalls hatte die Hauptstadt der Provinz, Lauriacum
(Enns), während dieses Jahrhunderts Bestand.19 In der Vita sti Seve-
17 Ich sehe nicht ein, warum die in der karolingischen Raffelstädter Zollordnung in
Oberösterreich genannten Rugier nicht ein Rest gewesen sein sollen, der nicht
mit den anderen Landsleuten nach Italien gezogen ist und der sich westlich der
Enns eine neue Heimstatt gesucht hat. MGH LL Capit. 114 Nr. 253 (bes. S. 251).
E. Zöllner, MIÖG 60, 1952, 108-119.
18 H.-D. Kahl, in: Wolfram-Daim, Völker 77.
19 Grabungsberichte in den von H. Vetters u.a. herausgegebenen 'Forschungen in
Lauriacum' Bd. 1,2,6/7. Ders., Lauriacum, in: ANRW II 6 (Berlin 1977) 378 mit
Zitaten. Vgl. A. Kloiber, Die Gräberfelder von Lauriacum. Das Ziegelfeld (= Forsch,
in Lauriacum 4/5, Linz 1957) 168-174.