Metadaten

Petrikovits, Harald von; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1983, 3. Abhandlung): Die römischen Provinzen am Rhein und an der oberen und mittleren Donau im 5. Jahrhundert n. Chr.: ein Vergleich ; vorgetragen am 15. Januar 1983 — Heidelberg: Winter, 1983

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47811#0020
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
18

Harald von Petrikovits

auf den Feldern arbeiteten, so daß die Stadt unverteidigt von Feinden
geplündert werden konnte, und über einen Mann, der zwei Meilen
(3 km) von Favianae entfernt Obst gepflückt haben soll (10,1).
In das 5. Jahrh. hat R. Egger auch ein anderes Bergdorf datiert, das
in den 30er Jahren auf dem Ulrichsberg ausgegraben wurde, einem
auffallenden 1015 m hohen Berg zwischen den Dörfern Pörtschach
und Zweikirchen, in der Luftlinie etwa 9 km nördlich von Klagenfurt
in Kärnten gelegen.29 Die Datierung beruht auf zwei schwachen
archäologischen und einem einleuchtenden historischen Argument.
Offensichtlich löste auf der Bergeshöhe eine frühchristliche Kirche ein
Heiligtum eines einheimischen Götterpaares, der Isis Noreia und des
Casuontanus, ab. Man glaubt, das Kapitell einer Fenstersäule (wohl
wegen seiner Schlichtheit) in das 5. Jahrh. datieren zu können, ohne
daß gut datierte Parallelen beigebracht wurden. Dann müßte die
Kirche erst im fortgeschrittenen 5. Jahrh. erbaut worden sein. Die
Häuser, die unweit der Kirche auf Bergeshöhe ausgegraben wurden,
gehören nach ihrer Keramik offenbar zum kleineren Teil etwa in das
späte 1. Jahrh., zum größeren Teil in die römische 'Spätzeit’. Der
Zusammenhang zwischen den späten Häusern und der Kirche scheint
durch die Keramik gegeben zu sein. So viel ist archäologisch zur
Datierung ermittelt worden. Es ist zu hoffen, daß mit besseren Kennt-
nissen, die die Keramikforschung inzwischen erbracht hat, eine
genauere Datierung der Funde möglich sein wird. Historisch wird
man Egger zustimmen, daß in Binnennorikum vor den Raub zügen
des Alarich und des Radagais, also im 4. Jahrh., kein Grund bestand,
auf einen so hohen, entlegenen Berg zu flüchten. Wie wir schon
gezeigt haben, war dazu in Noricum mediterraneum erst ab etwa
467 Anlaß gegeben. Man wird also der Datierung Eggers folgen
dürfen. Wenn aber der Ajdovski gradec bei Vranje und der Ulrichs-
berg etwa in die 2. Hälfte des 5. Jahrh. zu datieren sind, ebenso die
erste Periode des Duel bei Feistritz a.d. Drau, dann besteht durch-
aus die Möglichkeit anzunehmen, daß auch weitere Höhenburgen
im norischen Bergland in derselben Zeit entstanden sind.30 Über
das Schicksal der vielen Streuhöfe, die es in Binnennorikum zumindest
bis in das 4. Jahrh. gab, liegen keine archäologischen Arbeiten vor.
29 R. Egger, Der Ulrichsberg, ein heiliger Berg Kärntens: Carinthia I 140, 1950,
3-52. H. Vetters, Virunum s. Anm. 25, 353. A. Neumann, Keramik und andere
Kleinfunde vom Ulrichsberg: Carinthia I 145, 1955, 143-182.
30 Egger, s. Anm. 29, 51 und Vetters, s. Anm. 29, 353. Zu weiteren Anlagen dieser
Art: J. Sasel, in: Wolfram-Daim, Völker 14.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften